Dienstag, 29. August 2023

Nur noch Rentner…

Während in den 60'er Jahren sechs Arbeitnehmer einen Rentner finanzierten, unterstützen heute zwei Arbeitnehmer einen Rentner. 18,6 % des Bruttolohnes wird an die Rentenkassen abgeführt und als Rente ausgezahlt. Das reicht aber nur für zwei Drittel der Rente, ein Drittel schießt der Bund zusätzlich zu. Mehr als ein Viertel des Bundeshaushaltes (28,3 %)  dient zum Ausgleich der Verluste der Rentenkassen (1).  Die Verteidigungsausgaben sind weniger als halb so hoch - sie machen nur 12,5 % des Bundeshaushaltes aus. Weitere 9,3 % des Bruttolohnes dienen so als Steuern zur Finanzierung der Renten. Über ein Viertel des Bruttogehaltes eines Arbeitnehmers (ca. 28 %) kommt den heutigen Rentnern zugute. Und jedes Jahr erhöhen sich die Ausgleichszahlungen des Bundes an die Rentenkassen um fast einen halben Prozent - nicht zuletzt, weil die Generation der Babyboomer ins Rentenalter kommt.

Warum?

Das Durchschnittsalter in Deutschland beträgt 45 Jahre (2) - ein Wähler ist 10 Jahre älter. Nur über 18-Jährige wählen und bei Älteren ist die Wahlbeteiligung höher. Wir sind eine rasch alternde Gesellschaft und die Politik in Deutschland wird zulasten der Jüngeren gemacht. So waren die Schulen während der Covidzeit für ein Jahr geschlossen, um alte Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. Statt die Schutzmaßnahmen auf alte Menschen zu beschränken, wurde bedenkenlos die Erziehung der Kinder geopfert, obwohl die Kinder und Jugendlichen in der Regel nur milde Covidverläufe hatten.

Das Rentenalter zu erhöhen oder die Rente zu kürzen kommt einem politischen Selbstmord gleich. An eine Umstellung des Rentensystems von der Umverteilung auf ein persönliches Sparmodell mit staatlichem Ausgleich in Härtefällen, wie es im Ausland teilweise üblich ist (z.B. Schweiz, Singapur oder skandinavische Länder), wird nicht gedacht. Die Umstellung unseres Rentensystems von der Umlage zur eigenen Altersvorsorge durch Vermögensbildung könnte schrittweise erfolgen. Die Anlage der Mittel vorzugsweise in Aktien (der DAX steigt im Mittel um 6 %) würde den Kapitalstock in Deutschland erhöhen. So würde wieder das Wachstum im Vordergrund der Politik stehen. Statt darüber nachzudenken, nur den Kuchen zu verteilen und wachstumshemmende, immer kompliziertere Vorschriften (Datenschutz, ESG, Klimaschutz) zu erfinden. Nur das Wachstum unseres Gesamtvermögens sichert die eigene Altersvorsorge und liefert die Mittel, um den Klimaschutz und notwendige Dinge wie Verteidigung zu finanzieren.

 


Dienstag, 22. August 2023

Deutschland immer ärmer?

In den letzten fünf Jahren wuchs die deutsche Wirtschaft knapp 3 % - real 0,6 % im Jahr. Durch Zuzug stieg die Zahl der deutschen Einwohner seit 2017 um fast 2 % auf 84,4 Mio. Unsere Wirtschaftsleistung pro Kopf erhöhte sich in fünf Jahren dagegen nur um 1 %! Das Pro-Kopf-Einkommen betrug in 2022 EUR 47.744; verfügbar sind aufgrund der Steuerlast von 45 % nur halb so viel (EUR 26.000) (1).

Die US-Wirtschaft wuchs im gleichen Zeitraum um 10,6 % - real 2 % p.a. Die Bevölkerungszahl stieg um 4 % auf 338 Mio., während sich das pro Kopf Einkommen um 6,6 % auf USD 76.348 erhöhte. In Euro gerechnet liegt das Bruttoeinkommen pro Kopf in den USA mit EUR 69.476 um fast 50 % über dem deutschen. Dank der geringeren Steuerlast ist das Netto-Einkommen mit EUR 46.543 gut 80 % höher als das unsrige (2).

Wieso wuchs die USA stärker als Deutschland?

Die Staatsverschuldung in den USA stieg in den letzten fünf Jahren um 3 % pro Jahr auf 122 % der Wirtschaftsleistung; in Deutschland blieb sie konstant bei 66 % (3). Die gestiegene US-Leistung beruht damit auf höheren Staatsausgaben. Der Anstieg der Wirtschaftsleistung fiel allerdings nur halb so hoch aus wie die Erhöhung der Staatsausgaben. Es ist zu vermuten, dass dank der hohen Importüberschusse der USA auch Ausländer von den Mehrausgaben des Staates profitierten. Die hohe US-Neuverschuldung von geschätzten 8 % in diesem Jahr bei Vollauslastung der US-Wirtschaft (Arbeitslosenquote 3 %) sind wohl auch der Grund dafür, dass die US-Wirtschaft trotz der um 5 % gestiegen Leitzinsen noch wächst und die Inflationsrate nur langsam fällt.

Mit höheren Staatsausgaben lässt sich die Wirtschaft also ankurbeln. In Deutschland wäre dies möglich, ohne die Verschuldungsquote zu erhöhen. Im Gegenteil, dank der momentan fallenden Wirtschaftsleistung steigt die Verschuldung trotz des Versuches, die Schuldenbremse einzuhalten (siehe letzter Blog). 

Welche Verschuldungsquote ist vertretbar? 

Die Frage lässt sich nicht einfach beantworten, wie das Beispiel Japan zeigt. Die japanische Staatsverschuldung ist mit 261 % der Wirtschaftsleistung viermal höher als die deutsche. Solange die Verschuldung nicht durch Ausländer finanziert wird, sondern durch inländische Ersparnisse oder den Kauf der Schuldenpapiere durch die eigene Notenbank (Monetarisierung), ist eine durch Kapitalflucht ausgelöste plötzliche Abwertung der Währung bzw. Anstieg der Inflation wie bei Ländern mit hohen Auslandsschulden (Türkei oder Argentinien) unwahrscheinlich. Das japanische Beispiel zeigt aber, dass es zu einer Abwertung der Währung kommen kann, wenn die Höhe der Staatsschulden keine Zinserhöhungen zulässt. In den fünf Jahren änderte sich der Wechselkurs des Yen's gegenüber dem Euro nur wenig (5 % Abwertung beim Yen-Euro-Kurs von 142 Ende 2022). Dagegen fiel der Yen dieses Jahr schon um 12 % (Yen-Euro-Kurs 159). Nach den jüngsten Zinserhöhungen der EZB beträgt der Zinsunterschied mehr als 3 %, während das Zinsniveau vorher vergleichbar war. Der US-Dollar hat sich im Gegensatz dazu trotz der höheren US-Schulden um 12 % auf 1,07 verteuert. Zum Vergleich blieben die Schulden im Euroraum mit 84 % der Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum konstant (4). 

Da Schulden, mit wenigen Ausnahmen (Russland) nie zurückgezahlt werden, ist die Höhe der Zinszahlungen im Staatshaushalt der limitierende Faktor für die Höhe der Schulden. Je nach Laufzeit der Staatspapiere wird die Refinanzierung der Schulden teurer und andere Staatsausgaben (Verteidigung, Soziales etc.) müssen zurückgefahren werden, wenn die Verschuldung nicht immer stärker wachsen soll.

Ein weiteres Risiko der hohen Staatsausgaben ist Inflation. Die USA verschulden sich im Augenblick mit 8 % vom Bruttosozialprodukt zusätzlich trotz der Vollauslastung der Wirtschaft (Vollbeschäftigung). Die hohe Zinsen reichen nicht, um den Inflationsdruck der hohen Staatsausgaben zu kompensieren. Besser wäre es, die Steuern zu erhöhen oder die Ausgaben zu senken. Im Euroraum und besonders in Deutschland ist die Wirtschaft nicht ausgelastet, sodass die gestiegene Inflationsrate wohl eher an höheren Energie- und Rohstoffkosten liegt. Wobei die Einkaufspreise und die Inflationsrate augenblicklich stärker fallen. 

Und wie lässt sich unser Wachstum von rund 0,6 % p.a. noch erhöhen? 

Neben höheren Staatsausgaben steigern auch private Mehrausgaben das Wachstum. Diese hängen davon ab, wie zuversichtlich der Einzelne in die Zukunft schaut. Ist die Alters-, Kranken- und Arbeitslosenabsicherung gut, muss weniger gespart werden und der Konsum steigt. Unternehmen investieren mehr, wenn sie an ein Umsatzwachstum glauben, das den Payback auf Investitionen stärkt. Nachfrageimpulse können dabei aus dem In- und Ausland kommen. Auch die geplante Energiewende und das Onshoring kritischer Produktion (Chips) erhöhen die Ausgaben und steigern das Wachstum.  Jedes Wachstum hängt so von einem "Stretch" ab, man investiert bzw. gibt mehr Geld als vorher aus und das Einkommen aller steigt, was wiederum zu mehr Ausgaben bzw. Wirtschaftsleistung führt. Zweifelt man den Wert der eigenen Vermögenswerte an, wie jetzt in China, wo 70 % des privaten Vermögens in Immobilien investiert ist, droht die Deflation. Statt zu steigen, fallen die Immobilienpreise und der Wert des volkswirtschaftlichen Gesamtvermögens sinkt. Ein Teufelskreis von Vertrauensverlust, Kürzung der Ausgaben und weiter fallender Preise beginnt, aus dem es ohne staatliche Mehrausgaben oder einem Reset der Schulden kein Entrinnen gibt. 

Ist ein Reset der Schulden bzw. eine Entschuldung möglich?

Im alten Rom wurden angeblich alle sieben Jahre sämtliche Schulden erlassen. Mit Schuldenerlass ist immer eine Umverteilung verbunden, da die Schulden jemanden gehören. Für jeden Schuldner gibt es einen Gläubiger, der von den Zinseinnahmen profitiert. Politisch schwierig ist die Umsetzung, da es bei Schuldenerlass immer Gewinner und Verlierer gibt; der Sparer wird bestraft und der Schuldner belohnt. Der politisch einfachste Weg, die Schulden einer Volkswirtschaft abzubauen, ist wohl die Kontrolle der Zinsen durch die Zentralbank ("Yield Control") verbunden mit einer Einschränkung der freien Kapitalbewegung. Bleibt der Zinssatz aufgrund der Intervention der Zentralbank unter dem nominalen Wachstum (reales Wachstum+Inflation), dann sinkt tendenziell die Schuldenlast. Allerdings müssen parallel dazu Kapitalkontrollen eingeführt werden, damit die Anleger nicht mit ihren Spareinlagen ins Ausland flüchten.


Donnerstag, 3. August 2023

Wir sparen uns zu Tode...

Die deutschen Haushalte sparen dieses Jahr wieder über 10 % des verfügbaren Einkommens (1). Wenn einer spart, muss jemand anders das Geld ausgeben, sonst sinkt die Wirtschaftsleistung.  Die deutschen Unternehmen können das Geld nicht gebrauchen; sie nahmen im letzten Jahr keine neuen Schulden auf (2).  Die Euroländer sparen nach dem Schock der großen Finanzkrise 2008 mit 14 % sogar noch mehr (3). Dies hat dazu geführt, dass die übrigen Europäer auch mehr produzieren als sie ausgeben.  Im Saldo sind die Euroländer seit 2009 zu Nettoexporteuren geworden (4).  Die Wirtschaftsleistung in Deutschland profitiert deswegen nicht mehr von der Nachfrage der Nachbarn.   

Bleiben die Amerikaner. Unsere Exportüberschüsse im letzten Jahr landeten zu 80 % in den USA - zulasten der amerikanischen Nachfrage und Beschäftigung (5). Eine hohe amerikanische Importquote führt zum stetigen Rückgang der amerikanischen Industrieproduktion mangels Nachfrage nach Produkten "Made in USA".  Wachsende Unzufriedenheit, mehr Populismus (Trump) und steigender Protektionismus (auch unter Biden) in den USA sind die Folge. Der Zorn traf zunächst die Chinesen, da hier das Defizit mehr als doppelt so hoch ist. Die Frage ist, wie lange können wir Deutsche noch von der amerikanischen Großzügigkeit profitieren?

Im Jahr 2022 betrug unser Exportüberschuss infolge der gestiegenen Energiepreise nur noch knapp über 2 % der Wirtschaftsleistung. Im Vorjahr war der Überschuss mit 4,8 % noch mehr als doppelt so hoch gewesen (6). Zum Glück sprang im letzten Jahr der deutsche Staat in die Bresche und finanzierte Transferzahlungen an Bürger und Unternehmen, um die gestiegenen Energiepreise zu subventionieren und nahm neue Schulden in Höhe von EUR 71 Mrd. auf. Wegen der bestehenden Schuldenbremse (7) ist dies aber nur ausnahmsweise möglich. Die Ersparnisse der Deutschen (ca. 5 % der Wirtschaftsleistung bei rund 50 % Steuerlast) finanzierten im letzten Jahr etwa jeweils zur Hälfte die Neuschulden des Staates und den internationalen, besonders amerikanischen Konsum (durch den Kauf entsprechender Schuldentitel).  

Wie sinnvoll ist die Schuldenbremse und wie schädlich sind Staatsschulden?

Staatsschulden werden so gut nie zurückgezahlt. Der Verschuldungsgrad fällt mit der wachsenden Wirtschaftsleistung, solange die Neukreditaufnahme (inklusive Zinsen für alte Schulden) unter dem Nominalwachstum liegt. Trotz der EUR 71 Mrd. Neuschulden des Bundes (2,6 % der Wirtschaftsleistung) fiel die Schuldenquote im letzten Jahr um immerhin 3 % auf 66 % des Bruttoinlandproduktes ("BIP" = Wirtschaftsleistung - siehe 8).  Der Grund? Die Wirtschaft wuchs mit 8 % stärker als die Schulden, und zwar real um 1,8 % zuzüglich 6,2 % Inflation. Eine Schuldenbeschränkung auf 0,35 % der Wirtschaftsleistung gemäß Schuldenbremse ist Unsinn.  Die Schuldenlast fällt immer, solange die Wirtschaft nominal (inklusive Inflation) stärker als die Schulden wächst. Eine sinkende Staatsverschuldung dagegen ist gleichbedeutend mit einem Rückgang der staatlichen Nachfrage zulasten der Wirtschaftsleistung bzw. der Einkommen aller Deutschen.

Seit dem Beginn der Schuldenbremse im Jahr 2016 haben sich die Staatsschulden in Deutschland wie folgt entwickelt (8):
 

Jahr

Schuldenstand in Mrd. €

Schuldenstand in % des BIP

2022

2.566

66,4

2021

2.495

69,3

2020

2.340

68,7

2019

2.069

59,6

2018

2.083

61,9

2017

2.131

65,2


Dank Coronahilfen stieg die Verschuldung im Jahr 2020 um gut 9 %. Hätte der Staat nicht geholfen, wäre die Wirtschaft noch stärker geschrumpft. Die Verschuldungsquote läge aufgrund des Rückganges möglicherweise über der heutigen. Auf jeden Fall wäre die Arbeitslosigkeit mangels Nachfrage drastisch gestiegen. Geringere Steuereinnahmen und mehr Transferzahlungen wären die Folge gewesen. Was wiederum eine höhere Neuverschuldung bedeutet hätte.  

Was passiert, wenn zunehmender Protektionismus in den USA und anderswo dazu führt, dass die Nachfrage nach unseren Exporten fällt und in Deutschland die Schuldenbremse bleibt?

Die Wirtschaftsleistung ist die Summe aller Ausgaben, egal ob für Konsum oder Investitionen. Wenn jeder Bürger 10 % spart, fallen alle Ausgaben um 10 %. Die sinkende Wirtschaftsleistung führt im gleichen Verhältnis zu einer Verringerung der Einnahmen. Sparen die Bürger trotz des verringerten Einkommens aus Angst immer noch 10 % der Einnahmen oder vielleicht noch mehr, fällt die Wirtschaftsleistung weiter. Ein Teufelskreis, der in den 30-er Jahren in den USA und in der Weimarer Republik zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um über 50 % führte, da es keine staatliche Transferzahlungen wie Arbeitslosengeld als Ausgleich gab. Erst die durch Schulden finanzierten Ausgabenprogramme der Nazis ("Autobahnen") und die Kriegsausgaben des Zweiten Weltkrieges führten überall zu Vollbeschäftigung und steigender Wirtschaftsleistung. Nach Beendigung des Krieges sorgten Wiederaufbau und steigende Nachfrage nach Konsumgütern für Wirtschaftswachstum und den Rückgang der Schulden; trotz neuer Schulden ging der Verschuldungsgrad zurück.


Fazit

"Sparen ist gut und Schulden sind schlecht." Dies mag für den Einzelnen gelten, gerade wenn neue Schulden den Konsum finanzieren. Dies gilt aber nicht für die Volkswirtschaft als Ganzes. Ohne die Aufnahme neuer Kredite durch Unternehmen oder den Staat zur Finanzierung von Ausgaben gibt es keine Verwendung für die Ersparnisse. Wenn alle inklusive Staat und Unternehmen sparen, dann sparen wir uns arm! Dabei spielt es kurzfristig keine Rolle, wofür der Staat das Geld ausgibt. Bürgerentlastungen, die zu mehr Ausgaben führen, Straßenbau oder neue Investitionen - alle Ausgaben erhöhen die Wirtschaftsleistung und steigern das Einkommen. Natürlich habe Investitionen zum Beispiel in die Pünktlichkeit der Bahn positive Folgeeffekte. Die Reduzierung von Verschwendung durch den Abbau der Wartezeiten steigert die Produktivität. Damit vergrößert sich das Potenzial der Wirtschaft. Eine erhöhte Nachfrage wirkt weniger inflationär und steigert unser Trendwachstum von derzeit real 1-2 % p.a.  Derzeit geht die deutsche Wirtschaftsleistung zurück (wir befinden uns in der Rezession) und eine Steigerung der deutschen Staatsausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft wären dringend erforderlich. Bis zur Höhe von 3 bis 4 % der Wirtschaftsleistung ist dies sogar ohne die Erhöhung der Verschuldungsquote möglich, da die Wirtschaft in der Regel nominal um diese Rate wächst. Stattdessen fordern Politiker, staatliche Ausgaben zu kürzen und die Schuldenbremse unbedingt einzuhalten. Was die deutsche Wirtschaft noch mehr schädigt und der AFD zusätzliche Stimmen zutreibt!






____________________________________

Dienstag, 18. Juli 2023

Wie hat BAVARIA Industries im ersten Halbjahr 23 abgeschlossen?

Der Gesamtwert unseres Portfolios stieg in der ersten Jahreshälfte um rund EUR 30 Mio. auf EUR 457 Mio. - ein Anstieg von 7 %. Aufgrund von Aktienrückkäufen stieg der Wert je Aktie um 8 %.  Im gleichen Zeitraum stieg der DAX um 16 %. Den stärksten Anstieg verzeichneten unsere indischen Aktien mit einem Plus von 23 %. Wir kauften japanischen Aktien zu; dank der Abwertung des Yen entwickelten sich unsere japanischen Aktien ähnlich wie der DAX. Wie im vergangenen Jahr auch stifteten wir ca. EUR 1,4 Mio. an verschiedene afrikanische Vereine, die sich der Gesundheit und der Aus- und Weiterbildung in einzelnen afrikanischen Staaten widmen.



Freitag, 16. Juni 2023

Entwicklungsländer - in welche Aktien darf man investieren?

Seit einige Wochen warten wir darauf, unsere ägyptischen Pfund in Euro zu tauschen. Wenn man in Entwicklungsländer investiert, riskiert man, dass man sein Geld nicht wieder bekommt. Wir hatten in die ägyptischen Zigarettenfirma investiert, weil wir bei niedriger Bewertung (KGV 12) auf ein schnelles Wachstum setzten. Der Umsatz ist gewachsen, der Gewinn jedoch nicht: Die ägyptische Regierung erfand neue Steuern für diese "Sündenaktie". Eine niedrige Bewertung allein reicht nicht, um das Geld in Entwicklungsländern zu investieren. 

Die niedrige Bewertung ist ein Zeichen der immensen politischen Risiken. Unpopuläre Politiker unterliegen keinen demokratischen Schranken, um durch alle Mittel einer drohenden Absetzung zu begegnen. Dazu gehört der Versuch, durch die Eroberung des Nachbarlandes (Russland), Restriktionen gegen Internetfirmen (China) oder Rohstoffproduzenten (fast alle Rohstoff-Exporteure) Beliebtheitspunkte bei der Bevölkerung zu erringen. Die ausländischen Investoren fliehen und ein niedriges KGV kann sich sogar noch dritteln, wie wir bei unseren Aktien der nigerianischen Guaranty Trust Bank und der chinesischen Lufax-Bank feststellen konnten. Erschwerend kam bei Lufax hinzu, dass wir Risiken im Geschäft übersahen. Der Weiterverkauf von Krediten (das Eigenkapital erlaubte nicht das Halten aller Kredite) war nur attraktiv, solange Kreditversicherer die Preise für Ausfallrisiken niedrig hielten. 

Die Wetten dürfen also nur klein sein. Trotzdem verdienen wir mit unseren Investitionen in Entwicklungsländer gutes Geld. Was sind die Merkmale unser erfolgreichen Engagements?

Dem Management gehören wesentliche Anteile
Risiken lassen sich nur begrenzen, wenn man die meisten Geschäfte ablehnt. Ob als Versicherer - Agesa, Qualitas Controlador - oder als Bank - IIFL Finance, Shriram Finance - nur wenn als Manager die eigenen Ersparnisse betroffen sind, handelt man vorsichtig. Sind die Preise in einem Jahr zu niedrig (z.B. nach weniger Autounfällen während der Covid Zeit), schließt man eben keine Neupolicen ab und nimmt den Rückgang des Geschäftes in Kauf.  Genauso lange Laufzeiten bei gewährten Krediten und dafür aufgenommenen Schulden sind wichtiger, als die Optimierung des Zinsergebnisses (SVB Bank, Charles Schwab). 

Eine hohe Eigenkapitalquote und (wenn überhaupt) geringe Verschuldung
Unsere Banken leihen weniger aus als sie könnten - die Eigenkapitalquote ist bis zu zehnmal höher als bei der Deutschen Bank. Unvermittelt auftretende höhere Ausfallraten (Covid, Einführung neuer Banknoten und Entwertung aller alten Noten, drastische Mehrwertsteuererhöhungen) können so problemlos abgefedert werden. Unsere Nichtbank-Aktien sind frei von Schulden und damit unabhängig von Refinanzierungsrisiken.  

Das Management handelt ethisch
Die wichtigste und schwierigste Prüfung. Am besten mit dem Management sprechen und die Seriosität der Berater prüfen. Wie stark das Unternehmen beworben wird. Wie sehr der Aktienkurs im Mittelpunkt steht. Ob Versprechungen eingehalten werden. YouTube-Videos mit Management Interviews schauen. Eine Kapitalerhöhung muss nachvollziehbare Gründe haben. 

Das Produkt ist erwünscht und populär
Das Unternehmen sollte das Kundeninteresse und den Service in den Mittelpunkt stellen, auch wenn viele Produkte noch Mangelware sind in Entwicklungsländern und der Absatz eher an der fehlenden Kaufkraft scheitert. 

Das Land wächst stark und die Mittelklasse expandiert noch stärker
Wächst die Wirtschaft, dann steigen der Anteil der Mittelklasse mit ausreichender Kaufkraft und der Absatz entsprechender Produkte (Spareinlagen, Versicherungsleistungen) überproportional. Dann muss das Unternehmen gar keine Marktanteile erringen, sondern kann einfach mitwachsen. 

Das Unternehmen ist im internationalen Vergleich gut geführt
Das Management unseres indischen Vermögensverwalters IIFL Wealth ( umbenannt in 360 One Wam) überzeugt auch im internationalen Vergleich. So setzte es frühzeitig auf Beratungshonorare, die unabhängig von Vermittlungsprovisionen das Kundeninteresse in den Vordergrund stellen. 

Der Erfolg beruht nicht auf Beziehungen zu Politikern
Häufig wird erst nachträglich wird klar, wie sehr der Erfolg auf gute Beziehungen zu Politikern beruhte (z.B. Safaricom, Alibaba oder Adani). Wechselt die politische Richtung, steigt der Wettbewerb und die Gewinne fallen.

Mittwoch, 25. Januar 2023

Wie hat BAVARA Industries in 2022 abgeschnitten?

Im letzten Geschäftsjahr fiel unser Nettovermögen je Aktie um 12 % (wie der DAX). Gut die Hälfte des Rückganges entfiel auf die russische Online Bank Tinkoff, deren Handel wegen des Einmarsches der Russen in der Ukraine ausgesetzt wurde. Zum Jahresende mit EUR 3 bewertet, hatten wir EUR 7,5 Mio. für EUR 17 je Aktie investiert. Ende 2021 war der Bestand noch EUR 33 Mio. wert.  Der für 2022 prognostizierte Nettogewinn von Tinkoff liegt bei EUR 4,5 je Aktie – derzeit dürfen aber keine Dividenden an Nichtrussen gezahlt werden.

Im Jahr 2022 erzielten wir EUR 14 Mio. Gewinn aus Aktienverkäufen und EUR 15 Mio. Dividendenerlöse (davon EUR 5 Mio. als Sachdividende in Aktien). EUR 18 Mio. legten wir neu in Aktien an und kauften 66.839 eigene Aktien für EUR 5,3 Mio. zurück. Aufgrund der Kursrückgänge reduzierte sich unsere Aktienquote leicht auf 76 % (von 78 %).

Wir spendeten EUR 2,2 Mio. für verschiedene Stiftungen, die die Aus- und Weiterbildung in Afrika fördern, darunter Raising the Village, Ubongo, Educate!, Smartstart und Kidogo.

Die folgende Übersicht zeigt die Entwicklung unserer größten Positionen im vergangenen Jahr in Mio. EUR:




Unsere größte Einzelposition ist mit EUR 30 Mio. (7 % des Portfolios) der indische Finanzdienstleister IIFL Finance, der Kredite an den Mittelstand vergibt. Die Ausfallrate liegt aufgrund der geringen Kreditquote in Indien (die Bank kann sich die Kunden noch aussuchen) bei lediglich 1,3 % und die Nettozinsmarge beträgt 8 %. Die Kapitalrendite von 18 % ließe sich durch eine höhere Verschuldung noch steigern: die Eigenkapitalrate beträgt knapp 20 % (die Deutsche Bank hat 4,5 %). Viele der 3.600 Kreditfilialen befinden sich noch im Anlauf. Die Quote der Sachkosten liegt bei 42 % und ist damit noch verbesserungsfähig. Der Nettogewinn stieg in den letzten 10 Jahren um 19 % im Jahr und der Aktienkurs entspricht dem 14-fachen des Nettogewinnes.

Mit EUR 25 Mio. ist Fairfax International der zweitgrößte Einzelwert (6 % des Portfolios). Prem Watsa, der den kanadischen Versicherer seit vielen Jahren führt, ist als Value Investor gut mit Berkshire Hathaway vergleichbar. Der Float (Versicherungsprämien) macht das 2-fache der Marktkapitalisierung aus. Dank der geringen Schadensquote und Sachkosten (in den letzten 5 Jahren nur 96,5 %) ist der Float schon ohne die Anlage der Mittel profitabel. 3,5 % Rendite aus der Anlage kommen noch hinzu. Entsprechend wuchs der Buchwert je Aktie in den letzten 5 Jahren um 10,5 % - zusammen mit der Dividende von 1,7 % ein Plus von 12,2 % p.a. Wir erwarten, dass die Rendite aufgrund der höheren Zinsen eher noch steigen wird. Hinzu kommen interessante Finanzanlagen zum Beispiel in Indien (u.a. Bangalore Flughafen, IIFL Finance).

Weitere Finanzbeteiligungen mit Float sind die Versicherer Berkshire (5 % des Portfolios) und Catalana Occidente (3 %). Berkshire notiert mit dem 1,5-fachen des Buchwertes. Dieser wuchs in den letzten 5 Jahren um 8 % bzw. um 9,5 % in 10 Jahren. Der Rückkauf eigener Aktien mangels passender Kaufgelegenheiten (11 % der Aktien in 3 Jahren) half dabei. Bei dem Versicherer Catalana Occidente besteht knapp die Hälfte des Geschäftes (43 %) aus dem Kreditversicherer Atradius, der Nummer 2 im Oligopol der Kreditversicherer (zusammen mit Euler Hermes und Coface). Entsprechend hoch ist die Marge im Versicherungsgeschäft. Das Combined Ratio (Summe aus Schadensquote und Vertriebskosten) beträgt 90 %, weltweit unter den Versicherern ein führender Platz. Ohne Kreditversicherung würden viele Firmen nur mit Vorkasse liefern, da sich der Lieferant in der Regel den Zahlungsausfall der Kunden nicht leisten kann. Der Stellenwert für die Sicherung des Handels ist auch den Regierungen in Europa klar, die gleich zu Beginn der Corona-Krise für Zahlungsausfälle der Kunden bürgten.  

Leider verdiente Catalana mit der Anlage des Floats nichts, da dieser den europäischen Vorschriften entsprechend zu rund 90 % in festverzinsliche Wertpapiere angelegt wird. Da der Float rund dem vierfachen der Marktkapitalisierung entspricht, erhöht sich der Gewinn je Aktie mit steigenden Zinsen überproportional. Kurzfristig führt der Zinsanstieg zu Kursverlusten bei den Wertpapieren und einem fallenden Buchwert. Da die Papiere in der Regel bis zum Ende der Laufzeit gehalten werden, findet später die Wertaufholung statt. Das sich mehrheitlich im Familienbesitz befindende Unternehmen steigerte den Buchwert in den letzten 5 Jahren um 7,5 % - hinzukommt die Dividende von 3,2 %.  In den letzten 10 Jahren stieg der Buchwert dank der damals höheren Zinsen um 12 %. Trotz der attraktiven Rendite notiert das Unternehmen knapp unter dem Buchwert.

Die Kurse der beiden Altenheimbetreiber Ryman Healthcare und Summerset (zusammen 5 % des Portfolios) litten stark unter der Angst der Anleger, dass sich die steigenden Zinsen in Neuseeland negativ auf den Immobilienmarkt und den Verkauf von Wohnheimplätzen auswirken könnte. Von einer Absatzkrise ist noch nichts zu spüren, da die Warteliste nach wie vor lang ist für die attraktiven Plätze. Allerdings dauert es länger, bis die alten Menschen ihre Wohnimmobilie verkauft haben, um damit die Anwartschaft für den Altenheimplatz zu erwerben. Nach dem Ableben der Insassen wird dieser abzüglich (bis zu) 20 % zurückgezahlt. Mit diesem Float wird der Ausbau weiterer Wohnungen finanziert und der Betreiber profitiert von dem Anstieg des Preises der Anwartschaft. Der Buchwert bei Summerset stieg in den letzten 5 Jahren um jährlich 27 %, hinzu kommt eine Dividende von 2 %. Trotzdem notiert Summerset nur zum einfachen des Buchwertes und Ryman zum 0,7-fachen. Bei Ryman betrug der Anstieg des Buchwertes in den letzten 5 Jahren 15 % und die Dividendenrendite lag bei 4 %. 

Betrachtet man unser Wertpapierportfolio von EUR 324 Mio. als eine Firma, dann entspricht die Bewertung dem 9-fachen des Netto-Ergebnisses - bei 10,7 % Gewinnwachstum in den letzten 5 Jahren und einer Eigenkapitalrendite von 12,6 %.  Die 40 Dax Unternehmen notieren mit einem KGV von 18 doppelt so hoch - bei 6,4 % Gewinnwachstum in 5 Jahren und einer Eigenkapitalrendite von 11,4 %. Zusätzlich zahlen unsere Unternehmen im Mittel 3,6 % Dividende, bei den DAX Unternehmen sind es 3 %.

Dass Aktien einen guten Schutz vor Inflation bieten können, zeigt das Beispiel unserer türkischen Aktie Agesa. Obwohl sich der Kurs der Lira in den letzten zwei Jahren fast gedrittelt hat, haben wir mit der Aktie einen Wertzuwachs erzielt. Um sich vor der Inflationsrate von über 80 % zu schützen, kaufen die Türken Sachwerte, wozu auch Aktien gehören.  Zunächst führte die Flucht der ausländischen Kapitalanleger zu einem starken Kursrückgang, von dem sich die Aktie dank der inländischen Nachfrage dann wieder erholte. Trotz eines Gewinnwachstums von 55 % p.a. in den letzten 5 Jahren, notiert die Aktie mit einem KGV von 9,5 recht günstig.

Was haben wir letztes Jahr falsch gemacht?

In der Spitze machte die russische Tinkoff Bank 8 % unseres Portfolios aus und die Aktie notierte dank der hohen Wachstumsraten zum 28- fachen des Gewinnes. Trotzdem hätten wir hier zumindest einen Teil der Aktien verkaufen müssen, da die Allokation gemessen am Länderrisiko eindeutig zu hoch war. 

Steigende Inflationssorgen und geringe Investitionen der letzten Jahre führten bei uns zu der Einschätzung, dass die Rohstoffpreise stärker steigen werden. Wir beschlossen, 10 % unser Mittel in Rohstoffproduzenten zu investieren. Außer Lundin Energy fanden wir aber keine guten Kapitalallokatoren. Ansonsten gingen wir nur kleine, riskantere Wetten ein, wie den Weltmarktführer für Uran Kazamtom aus Kasachstan. So investierten wir zu wenig. Erst spät begannen wir in ETF's von Produzenten zu investieren. Insofern verpassten wir weitgehend den Kursanstieg der Rohstoffproduzenten.

Das Schlimmste beim Investieren sind die verpassten Chancen. Dazu gehörten bei uns im letzten Jahr (Transfer-) Wise und Booking. Wir warteten auf noch stärkere Kursrückgänge und verpassten so im letzten Jahr den Einstieg zu attraktiven Konditionen.


Montag, 16. Januar 2023

Wie geht es unserer Beteiligung Cobleplast ?

Vor einem Jahr fragten wir unsere Leser, was wir mit der Beteiligung machen sollten. Einer der Vorschläge führte schließlich zu einem Kaufangebot von EUR 300k für die unprofitable Gesellschaft. Der Geschäftsführer war gegen den Verkauf. Er befürchtete, dass die Gespräche mit Banken ohne unsere Liquidität (über EUR 400 Mio.) schwieriger würden. Es gelang ihm in Folge, die erhöhten Einkaufspreise für seine Vorprodukte PPE und PE an die Kunden weiterzugeben. Der höhere Umsatz (bei gleich gebliebener Absatzmenge) führte zu einer besseren Abdeckung der Fixkosten. Das Unternehmen erzielte damit wieder monatliche Vorsteuergewinne von über EUR 100k.

Dass ein solcher Erfolg nicht anhalten muss, zeigt das Beispiel unserer früheren Beteiligung Hunsfos. Nach mehreren Verlustjahren machte das Unternehmen in einem Jahr EUR 3 Mio. Ergebnis. Das Dreigestirn von Dollarkurs, Zellstoff-Preisen und Energiekosten stand günstig für den norwegischen Papierproduzenten. Im nächsten Jahr gelang es nicht, gestiegene Materialpreise an die Kunden weiterzugeben, die auf den vereinbarten Festpreisen bestanden. In Folge meldete das Unternehmen Insolvenz an.

Bei unserer Automotive Beteiligung Carbody akzeptieren die Kunden die Weitergabe der hohen Kosten nur zu 80 %. Bei der Marktmacht der PKW Hersteller können wir uns nur sehr schlecht dagegen wehren. Leider ist die Absatzmenge mit der Chipkrise um rund 20 % eingebrochen. So decken wir kaum mehr die Fixkosten ab und arbeiten praktisch seit Jahren gewinn-frei. 

Im Fazit unterliegen Gewinne mehr dem Zufall als man denkt. Freuen sollte man sich über jede Dividende, die am Ende fließt.

Mittwoch, 11. Januar 2023

Dürfen Aktiengesellschaften spenden?

Letztes Jahr haben wir mit EUR 2,3 Mio. afrikanische Erziehungsinitiativen unterstützt. Warum Afrika? Wir glauben, dass dort die Not am größten ist und wir mit unseren Mitteln mehr Empfänger erreichen können als in Deutschland. Wir glauben, dass der Zuzug von höher qualifizierten Einwanderern ein geeignetes Mittel ist, um den wachsenden Arbeitskräftemangel in Europa zu beheben. Unsere Firmenbeteiligungen können immer mehr Stellen nicht besetzen. Kein Wunder. Die Kohorte der Berufsanfänger ist nur halb so groß, wie die Generation der Babyboomer, die (wie ich selber) in den 80'er Jahren anfingen zu arbeiten. Afrika ist der einzige Kontinent, der noch deutlich wachsen wird.  Wir unterstützen Ausbildungsinitiativen in diesen Ländern, um den Kindern und Jugendlichen neue Perspektiven zu geben und Impulse für das Wirtschaftswachstum dort zu geben. Als Europäer profitieren wir durch die Schaffung neuer Absatz- und Beschaffungsmärkte und durch besser qualifizierte Einwanderer. 

Trotz der hehren Ziele stellt sich die Frage, ob wir als Aktiengesellschaft nicht unsere Aktionäre durch die Spendentätigkeit schädigen? 

Als börsennotierte Beteiligungsgesellschaft leiden wir unter dem schlechten Image der Branche. Private Equity Gesellschaften gelten als selbstsüchtig und geldgierig. Führende Politiker in Deutschland bezeichneten sie als "Heuschrecken". Ob es um Subventionen, Absprachen mit Betriebsräten oder Betriebsprüfungen geht, die Branche wird sehr kritisch beäugt. Teilweise nicht ganz zu Unrecht: unsere Beteiligungsverkäufe wurden nur mit effektiv 1,5 % besteuert. Einkünfte aus Carry (gibt es bei uns nicht) werden nur zur Hälfte versteuert. Auch Rekapitalisierungen ("Recaps") sind verschrien: Beteiligungen werden neue Verschuldungen aufgedrängt, um Dividenden an die Anteilseigner zu zahlen. Eine Praxis, der wir uns nicht angeschlossen haben. Trotzdem leiden wir unter dem schlechten Ruf der Branche; ein Verkäufer unterscheidet nicht wirklich zwischen uns und anderen Kaufinteressenten. Die Spenden dienen auch der Imagepflege.

Noch mehr stellt sich für mich die Frage, wozu wir unser Geld vermehren sollen, wenn wir nichts in Form von Steuern oder neuen Arbeitsstellen an die Gesellschaft zurückgeben. Ein Aktionär hat immer die Möglichkeit, Aktien zu verkaufen, wenn sie/er nicht mit unserer Spendentätigkeit einverstanden ist. Wir veröffentlichen in unseren Geschäftsberichten und Halbjahreszahlen die Höhe der Spenden und sorgen so für Transparenz. Die Geldvergabe erfolgt genauso gewissenhaft, wie das Geldverdienen. Jede Organisation in Afrika, die wir unterstützen, wird geprüft und die wichtigsten Kennzahlen (erreichte Ausbildungsziele und Kosten je einzelnem Kind) werden nachgehalten. In den meisten Fällen erfolgten Besuche vor Ort. Diese Prüfung erfolgt Ressourcenschonend auf unbezahlter Basis durch externe Kräfte.
Was denken Sie darüber?

Freitag, 25. November 2022

IIFL Finance - was verbirgt sich hinter unserer größten Aktienposition?

In IIFL Finance haben wir gut EUR 30 Mio. investiert. Warum ist die indische Non-Bank unsere größte Aktienposition?

Nur wenige Haushalte in Indien sind bei Banken verschuldet. Private Kredite machen nur 14 % der Wirtschaftsleistung aus - in Deutschland sind die privaten Schulden mehr als dreimal so hoch, in China mehr als dreieinhalbmal.  Die indische Mittelklasse wächst mit 8 % im Jahr stärker als die Wirtschaft (5-6 %). Das private Kreditvolumen soll 16 % im Jahr wachsen. Ähnlich entwickelt sich der Markt für Versicherungs- und Vermögensdienstleistungen. Knapp ein Fünftel unserer Mittel haben wir in Indien investiert, überwiegend im Finanzbereich.

IIFL kann sich als Non-Bank nicht über Kundeneinlagen, sondern nur über den Kapitalmarkt finanzieren. Trotzdem ist der Finanzdienstleister aufgrund seiner geringen Kostenstruktur sehr konkurrenzfähig.  Die Sachkosten betragen nicht mehr als 42 % vom Umsatz, obwohl die Gesellschaft mit 3.800 Filialen in Indien breit vertreten ist. Viele Filialen befinden sich noch im Anlauf, da sie erst vor Kurzem eröffnet worden.  Das Filialnetz hat die Sollstärke weitgehend erreicht, sodass die Kostenquote noch fallen kann. Trotz der ausschließlichen Refinanzierung über den Kapitalmarkt beträgt die Zinsmarge 8 % (bei deutschen Banken liegt sie unter 2 %). Nur 1,3 % der Kredite fallen aus, trotz Corona-Krise und mangelnder staatlichen Hilfen in Indien. Die Kredite sind klein und meistens vollständig besichert, z.B. durch Gold. Traditionell wird das Vermögen in Goldschmuck angelegt. Ausländer investieren in Indien in der Regel durch ETFs, wobei HDFC als Non-Bank in vielen Portfolios vertreten ist. Interessant ist der Vergleich mit IIFL:


Die HDFC ist mit dem 3,5-fachen des Buchwertes (=Eigenkapital) bewertet und damit gut 50 % teurer als IIFL (2,2-fache).  Die Nettomarge (41 % versus 28 %) und das Wachstum der letzten fünf Jahre (19 % versus 12 %) waren bei HDFC höher.  Das Kreditwachstum im indischen Markt ist längst noch nicht erschöpft und auch die 50 Mal größere HDFC wächst stark. Die Aktie bleibt interessant. Unserer Meinung nach hat die IIFL jedoch die besseren Aussichten, da sich das Wachstum beschleunigt und die Nettomarge bei besserer Abdeckung der fixen Kosten noch steigt. Beide Finanzdienstleister sind gut geführt; die niedrigen und konstanten Kreditausfälle sind der Beleg. Bei IIFl gehört ein gutes Viertel der Aktien dem Management, was für ein weiterhin gutes Kosten- und Risikomanagement spricht. 

Was kann schiefgehen?
Zu schnelles Wachstum oder eine Rezession können zu mehr Kreditausfällen führen. Wenn die Kapitalmärkte wie in 2017 wieder einfrieren, kann die Gesellschaft mangels Refinanzierung keine Neukredite mehr ausgeben. In dem Jahr schrumpfte der Umsatz der IIFl um 40 %, dafür stieg die Nettomarge auf 50 %, da die Bank weniger Rückstellungen für zukünftige Ausfälle vornehmen musste. Diese machen das Dreifache der tatsächlichen Wertberechtigungen aus und belasten beim Wachstum die Nettomarge.




Donnerstag, 24. November 2022

Catalana Occidente - ein unterbewerteter spanischer Versicherer

Europäische Versicherungsunternehmen werden von Behörden und den Ratingagenturen gezwungen, den Float fast ausschließlich (rund 90 %) in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren. Ein Geschäft, mit dem sich in Europa dank der Niedrigzinsen nichts verdienen ließ. Warum haben wir trotzdem in den spanischen Versicherer Grupo Catalana Occidente investiert?


Neben traditionellen Versicherungen besteht knapp die Hälfte des Geschäftes (43 %) aus dem Kreditversicherer Atradius, der Nummer 2 im Oligopol der Kreditversicherer (zusammen mit Euler Hermes und Coface). Entsprechend hoch ist die Marge im Versicherungsgeschäft. Das Combined Ratio (Summe aus Schadensquote und Vertriebskosten) beträgt 90 % bei Catalana, weltweit unter den Versicherern ein führender Platz. Ohne Kreditversicherung würden viele Firmen nur mit Vorkasse liefern, da sich der Lieferant in der Regel den Zahlungsausfall nicht leisten kann. Der Stellenwert für die Sicherung des Handels ist auch den Regierungen in Europa klar, die gleich zu Beginn der Corona-Krise für Zahlungsausfälle der Lieferanten bürgten. Während der großen Finanzkrise taten die Regierungen zunächst nichts. Der Handel kam damals fast zum Erliegen; die LKWs fuhren nicht los, ohne die Sicherheit zu haben, dass die Lieferung auch bezahlt wird. Auch das übrige Versicherungsportfolio (z.B. Motor) ist gut geführt, schließlich gehören zwei Drittel der Gesellschaft dem Management bzw. der Gründerfamilie. 

Das KGV bei Catalana beträgt unter 8, die Kapitalrendite (ohne Gewinnwachstum gerechnet) liegt bei 13 %. Nur ein Viertel wird ausgezahlt, sodass die Dividendenrendite 3 % ist, der Rest wird in das Wachstum von 5 % p.a. investiert. Der Buchwert stieg in den letzten 5 Jahren nur um 7,5 %, sodass die Gesamtrendite für den Aktionär - entsprechend der Eigenkapitalrendite - bei knapp über 10 % lag. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das Portfolio an festverzinslichen Wertpapieren mit jeder Zinserhöhung dieses Jahr abgewertet wurde. Bis zum 30.6. reduzierte sich der Buchwert um 7 %, ohne den Nettogewinn in der ersten Jahreshälfte wären es 12 % gewesen. Der Buchwert schmälerte sich, ohne den Gewinn zu senken: Die Korrektur wurde nur in der Bilanz vorgenommen. Werden die Papiere bis zum Ende der Laufzeit gehalten, findet aber eine Wertaufholung statt, da die Papiere zum Nennwert abgelöst werden.  Der Preis der Aktie liegt derzeit knapp unter Buchwert, sodass man die Anteile am Versicherer ohne Prämie erwerben kann.

Der Float beträgt mehr als das Vierfache der Marktkapitalisierung und brachte in den letzten fünf Jahren dank der niedrigen Zinsen fast keinen Ertrag. Mit dem Float von EUR 15 Mrd. wurde im letzten Jahr nur 0,5 % verdient. Durch den Multiplikator von 4 erhöhte sich der Nettogewinn dadurch um nur 2 %.  Steigt der Gewinn aus dem Float dank der höheren Zinsen auf 3 %, dann erhöht sich der Nettoertrag um 10 % - der Nettogewinn betrüge über 20 % vom Umsatz. Die Ertragskraft des Unternehmens zeigt sich in der Zeit vor 2017 - damals betrug die Eigenkapitalrendite dank höherer Zinsen über 16 %. Als Aktionär profitiert man in mehrfacher Hinsicht. Neben der bereits hohen Rendite von 12 %, wächst das operative Geschäft um 5 %. Hinzu kommt der Gewinn aus der Steigerung der Zinsen. Auch gehört das Unternehmen langfristig zu den Inflationsgewinnern, das Prämienvolumen bei der Kreditversicherung steigt automatisch mit der Erhöhung des Nominalumsatzes, da die Prämie in der Regel 0,5 % vom versicherten Volumen ausmacht. 


Was kann schiefgehen?

Die zu erwartende Rezession in Europa wird die Ausfallraten nach oben treiben. Das Combined Ratio betrug in Jahren 2008 und 2009 106 % bzw. 100 % und danach nie mehr als 90 %. Atradius kann einfach die Kreditlinien runterfahren, wenn die Kunden anfangen, mit Verzögerung zu bezahlen, bevor es zum endgültigen Ausfall kommt. Sollte die Krise stärker als gedacht sein, gibt es möglicherweise wieder staatliche Ausfallbürgschaften, sodass das Combined Ratio vermutlich - wie zu Corona Hochzeiten - nicht über 90 % liegen wird. Auch könnten die Zinsen wieder fallen, sodass die Kapitalrendite bei 13 % bliebe. Aus unserer Sicht trotzdem eine attraktive Wertanlage mit Inflationsschutz.


Donnerstag, 8. September 2022

Die drohende Energiekatastrophe in Europa und die Auswirkungen auf unsere Beteiligungen...

Die Internetseite der FAZ zeigt, wie der Strom in Deutschland am Vortag erzeugt wurde. 40 % des deutschen Stromes kamen gestern aus Kohle, der Gasanteil betrug noch 12 %, während auf Kernenergie 7 % und Solar- und Windanlagen 27 % entfielen. Da Habeck vor seinen grünen Wählern zu feige ist, die Notwendigkeit von Atomstrom zuzugeben, entfällt wohl ab Januar der Kernenergieanteil. Aufgrund des steigenden Heizbedarfes im Winter wird auch der Gasanteil zurückgehen - unklar ist, wo der Rest herkommen soll. Der durchschnittliche Preis für die Kilowattstunde hat sich bisher nur verdoppelt, allerdings beträgt der Spot-Preis mittlerweile das 10-fache wie vor dem Ukrainekrieg. 

Das Beispiel unser Beteiligung Hering Wärmetauscher zeigt, wie kritisch die Lage ist. Da ein Teil der Stromkosten über die Grundpauschale bezahlt wird, betrugen die Kosten je Kilowattstunde bisher 5 Cent. Dieser Vertrag ist per 1.1.2023 von dem Stromversorger gekündigt worden. Dem Unternehmen wurde jetzt ein neuer Preis angeboten, der sich an den Spot-Preisen für Strom orientiert und mehr als das 10-fache (über 50 Cent) je Kilowattstunde beträgt. Zum Ausgleich erhöhen wir die Preise. Eine Pleite droht nicht, da wir als Montage- und Schweißbetrieb geringere Energiekosten haben als andere Industriebetriebe. Die Verzehnfachung des Gaspreises hat stärkere Auswirkungen bei der französischen Carbody. Die Spritzgussformen müssen mit Gas beheizt werden. Zu Beginn des nächsten Jahres droht eine Preiserhöhung von EUR 2,5 Mio., was 5 % vom Umsatz ausmacht. Dies kommt einer Lohnerhöhung von 20 % gleich! Auch in der Autoindustrie werden die Preise steigen. 

Die Lage im übrigen Europa ist ähnlich. Die Politik wird eine Entlastung der Verbraucher und der Industriefirmen anstreben. Fraglich ist, ob dies ohne Verzerrungen möglich ist. Ein angedachter Maximalpreis für Strom von 30 Cent je Kilowattstunde nutzt zum Beispiel der Hering nur wenig. Gleichzeitig werden die Preise für alle Güter steigen müssen. So kostet der VW Golf per 1.1.23 in der Grundausstattung EUR 9.000 mehr und verteuert sich auf EUR 29.000. Damit droht ein erheblicher Kaufkraftverlust für die Konsumenten. Zusätzlich erhöhte die EZB die Zinsen um 0,75 %, was die Finanzierungskosten der Industrie und der Konsumenten nach oben treibt und wiederum die Nachfrage schwächt. Es droht eine schwere Rezession in Europa. Nur so aber lässt sich der Verbrauch von Gas wirklich reduzieren. 40 % des Gases in Europa kamen bisher aus Russland. Dies lässt sich nur begrenzt durch andere Quellen ausgleichen. Der Ausbau der wenigen vorhandenen LNG-Terminals wird Jahre dauern. Ein Fracking in Europa ist ohne größeren technischen Aufwand möglich, politisch aber nicht durchsetzbar. Warum eigentlich nicht?

Investitionen in erneuerbare Energien sind Teil des Problems. Erneuerbare Energien haben eine schlechte Energieeffizienz im Vergleich zu anderen Energieformen: eine Einheit Energieinput führt nur zur 4-5 Einheiten Output; bei Kernenergie beträgt der Output das 100-fache des Inputs, bei Gas immerhin noch das 30-fache. Bei 25 Jahren Laufzeit für eine neue Windanlage ist erst nach frühestens 5 Jahren ein Ausgleich für den Energieeinsatz  (z. B. für Stahl, Kupfer oder Beton) zu erwarten. Kurzfristig führt also der Ausbau der Wind- und Solaranlagen zu einem Mehrverbrauch an Öl, Gas oder Kohle. Der Preisverfall der erneuerbaren Energien in der Vergangenheit lag hauptsächlich an den niedrigen Ölpreisen und den geringen Zinsen. So ist der Preis von Solaranlagen in Deutschland gerade um rund 30 % gestiegen!

Nur noch Rentner…

Während in den 60'er Jahren sechs Arbeitnehmer einen Rentner finanzierten, unterstützen heute zwei Arbeitnehmer einen Rentner. 18,6 % de...