Montag, 28. September 2020

Darf man in Russland investieren?

"Another one bites the dust": mit TCS Group wird ein weiteres unserer Investments von der Börse genommen. Wir haben rund EUR 10 Mio. in diesen russischen Finanzdienstleister investiert, der jetzt mit einem Aufschlag von nur 8 % von der russischen Yandex übernommen werden soll. Die geringe Prämie ist ein Hinweis darauf, dass TCS wohl keine Wahl hatte. Entweder läuft operativ etwas schief (was wir angesichts der sehr guten Quartalszahlen eigentlich ausschließen) oder es gab politischen Druck. Es spricht viel dafür, dass ein ausländischer Mehrheitseigentümer in einer russischen Internetbank wohl auf Dauer keine Duldung findet. Wenn die genauen Konditionen der Übernahme vorliegen, werden wir entscheiden, ob wir das Übernahmeangebot wie der Mehrheitsaktionär Tinkoff annehmen oder als kleiner Aktionär auf den Squeeze-out warten. Da die Hälfte der Zahlung in Yandex Aktien erfolgen soll, können wir uns auch vorstellen, dabei zu bleiben. 

Damit zeigt sich einmal mehr, wie schwierig es ist, besser als der Markt abzuschneiden. Hat man den Compounder gefunden, der mit stetem Wachstum glänzt, droht immer die Zwangsabfindung, wie bei unsern anderen Investments wie Miba, Euler Hermes oder WMF sowie einigen unserer japanischen Titel (z.B. Odelic). 

Glücklicherweise haben sich die Parteien zerstritten, sodass TCS Group allein weiter macht. Wir werden hoffentlich noch einige Jahre Tinkoff als Aktionär bei dem Wachstum begleiten können.

In der Zwischenzeit (Stand 19.8.) ist Tinkoff auch von anderen Aktionären entdeckt worden, z.B. von Ark Invest (Cathy Wood) und unsere Position ist auf über EUR 35 Mio. angeschwollen. Da die Firma weiter den Gewinn steigert, wird sie wohl in die gestiegene Bewertung hereinwachsen.

Mittwoch, 9. September 2020

Unsere größten Aktienpositionen per August 2020

Per Ende August hatten wir in die acht größten Positionen rund die Hälfte unseres Nettovermögens investiert (in Mio. EUR):


31.12.2019           Aug   Net-ADD       YTD Δ
Japan 39 35 0,7 -12%
Xetra Gold 33 45 4,7 23%
India 18 27 9,3 -7%
Berkshire 18 16 0 -10%
Brederode 18 18 0,4 1%
Ryman 16 14 0,6 -20%
Inv. AG TV 15 16 0 5%
Summerset 13 12 0,7 -14%
Core Portfolio 170 182 16,4 -3%
DAX 13.249 12.821 -3,2%


Mit 3 % entspricht der Rückgang in 2020 dem DAX Index.  Seit Jahresbeginn haben wir zusätzlich EUR 16 Mio. investiert - hauptsächlich in Xetra Gold und indische Aktien. Das japanische Portfolio ist trotz der sehr niedrigen Bewertung der Aktien (EBIT Multiple ca. 2) mit 12 % stärker zurückgegangen als der DAX. Das Gleiche gilt für die indischen Aktien. 2/3 haben wir in Finanzdienstleister investiert, die sich dank der indischen Bankenkrise nur mühsam refinanzieren können. Die Hälfte des indischen Portfolios machen gegenwärtig IT-Dienstleister und Immobilienentwickler aus; der Kursanstieg hier konnte den Verfall bei den Finanzfirmen aber nicht wettmachen. 
Interessant ist, dass der Kursanstieg bei Summerset, dem Herausforderer auf dem neuseeländischen Markt für Altenheime, mit +66 % seit Beginn (Ende 2017) rund 1/3 stärker ausfiel als by Ryman Healthcare, der Nummer 1 am Markt. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist mit 1,8 noch immer deutlich günstiger als bei Ryman (2,7). Der Buchwert stieg bei Ryman in den letzten 5 Jahren um 16 % p.a.(+25 % p.a. bei Summerset). Die Dividendenrenditen sind mit 1,6 % bzw. 1,7 % in etwa gleich. 

Brederode, der belgische Fund-of-Fund Investor, entwickelte sich in 2020 wieder deutlich besser als Berkshire. Hier betrug der Buchwertanstieg in den letzten 5 Jahren 10,4 % p.a. bei einer Dividendenrendite von 1,3 %; Berkshire's Buchwert erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 9,9 % p.a. (keine Dividende).  Brederode bleibt mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,9 günstiger bewertet als Berkshire (1,3).




Freitag, 4. September 2020

Soviel Schulden - droht jetzt die Inflation?

Wen treibt nicht die Angst um, dass die hohen Staatsdefizite zur Bekämpfung der augenblicklichen Coronaepidemie zu einer Entwertung des Geldes führen? Die Notenbanken haben ihre Munition in der letzten Finanzkrise durch ein Absenken der Zinsen auf unter null und die Erhöhung der Geldmenge (Draghi: "Whatever it takes") weitgehend verschossen. Jetzt laufen staatliche Ausgabenprogramme (z.B. in Form der Senkung der Mehrwertsteuer oder einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes), die die Staatsschuldenquote in den Industrieländern zurück auf das Niveau nach dem Zweiten Weltkrieg hebt. Droht damit nicht die Inflation? 

Landet das zusätzliche Geld nur in der Sparbüchse, passiert nichts! Höchstens die Aktienkurse steigen, wenn damit Finanzwerte gekauft werden. Solange die Wirtschaft nicht voll ausgelastet ist und das Vertrauen in die Werthaltigkeit der eigenen Währung bleibt, führt die Ausgabe des neuen Geldes nicht zur Inflation. Die zusätzliche Nachfrage hilft dagegen, die Volkswirtschaft wieder zur Vollbeschäftigung zurückzuführen.  Was begrüßenswert ist. Leider gilt dies nur, wenn sich das Land in der eigenen Währung verschulden kann. Wir Deutschen haben diese Macht in 2003 abgegeben und unterliegen damit dem Diktat der Europäischen Zentralbank. Höhere deutsche Staatsschulden lassen sich nicht durch einen Federstrich der  eigenen Notenbank aus der Welt schaffen, wie dies z.B. in den USA oder in Japan der Fall ist.  Unsere deutschen Schulden können nur durch die Europäische Zentralbank gestrichen werden, die im Rahmen des laufenden Rückkaufprogramms neben anderen Staatspapieren auch deutsche Anleihen im erheblichen Umfang gekauft hat.  

Um dies besser zu verstehen, hilft es darüber zu sprechen, was Geld eigentlich ist.  Die Geldmenge besteht zu einem kleineren Teil aus den Geldscheinen, die die Notenbank in den Umlauf bringt (und damit teilweise den Staatshaushalt finanziert).  Zum größeren Teil sind es die Kredite und Schuldscheine, die die Banken und die Staatshaushalte auslegen. Die europäischen Staatshaushalte verkaufen zur Finanzierung ihrer Defizite Anleihen ("Schuldscheine"). Diese machen einen Teil der Geldmenge aus. Die steigende Neuverschuldung von ca. 3 % pro Jahr trägt so zur Erhöhung der Geldmenge jedes Jahr bei. Ein weiterer Teil der Geldmenge sind die Kredite, die die Banken auslegen. Diese machen in Europa gegenwärtig ca. das 20-fache des Eigenkapitals der Banken aus, der sogenannte Geldmultiplikator des Finanzwesens. Die Banken haben damit ein Privileg zum Gelddrucken. Die Kreditmenge der Banken wird durch die von der Zentralbank vorgegebene Reservequote (angelegte Gelder der Banken bei der Zentralbank) indirekt mit bestimmt. 

Damit stellt sich die Frage, warum sich die Staatshaushalte nicht direkt über die Notenbanken finanzieren. Technisch wäre es kein Problem, dass die Zentralbank einfach elektronisch Geld schafft und dies an den Bundeshaushalt zwecks Finanzierung der Staatsausgaben überweist. Warum wird stattdessen der indirekte Weg der Finanzierung über den Verkauf von Schuldscheinen an Banken und Privathaushalte gewählt und eine stetig steigende Verschuldung akzeptiert? Die Antwort ist einfach: Dies ist politisch so gewollt. Man traut den staatlichen Haushalten den verantwortlichen Umgang mit der Notenpresse nicht zu und hofft, durch die künstliche Vorgabe einer angemessenen Verschuldungsquote die Regierungen in ihren Ausgaben zu disziplinieren. Werden Staatshaushalte durch die Notenbanken direkt finanziert, fehlt angeblich die Kontrolle der Ausgaben und die Inflationsraten werden schnell wieder das Ausmaß der Weimarer Verhältnisse erreichen. Vergessen wird dabei, dass das Problem der Weimarer Republik die zu hohen Auslandsschulden waren. Fast 1/3 der Wirtschaftsleistung war nötig, um die von den Siegermächten erhobenen Strafschulden zu tilgen. Der Verweis auf eine zu hohe Verschuldung wird auch gerne von den Politikern dazu genutzt, gegen ungeliebte Ausgaben zu argumentieren. 

Staatsdefizite stützen die Nachfrage und erhöhen das Wirtschaftswachstum, solange die Wirtschaft nicht unter Volllast fährt. Nur bei Vollbeschäftigung trifft die staatliche Nachfrage auf ein zu geringes Angebot an Gütern und Serviceleistungen. Preissteigerungen und das gefürchtete "Crowding out" der privaten Nachfrage sind die Folge. Staatsschulden sind kein Problem, solange sich das Land in der eigenen Währung verschuldet und eine Notenbank hat. So ließe sich die hohe Verschuldung des japanischen Staates (mehr als das 2,5-fache der Wirtschaftsleistung) durch einen einfachen Federstrich der japanischen Zentralbank aus der Welt schaffen! Diese hält gegenwärtig die Hälfte der japanischen Staatsschulden und könnte mit einer einfachen Ausbuchung die Verschuldungsquote um die Hälfte absenken. Ein Aufkauf der übrigen im Umlauf befindlichen Schuldscheine mit gleichzeitiger Ausbuchung der Schulden wäre ebenfalls möglich. Statt Schuldscheine würden lediglich mehr Geldguthaben in der Wirtschaft zirkulieren, die Geldmenge bliebe aber gleich.

Warum haben die Staatshaushalte erst auf die Coronaepidemie und ihre Folgen mit mehr Staatsausgaben reagiert, in der großen Finanzkrise 2009 aber den Notenbanken das Feld überlassen? Die vorherrschende Meinung nach dem Zweiten Weltkrieg war, dass die Notenbanken in einer Wirtschaftskrise die Zinsen senken und damit via Geldmultiplikator die private Kreditmenge und damit indirekt die Nachfrage ankurbeln. Allerdings geht dies nur, solange die Zinsen über null sind und die Verschuldungsrate der privaten Haushalte nicht zu hoch ist. Diese können sich im Gegensatz zum Staat nicht unbegrenzt verschulden, sondern rutschen irgendwann in eine Solvenzkrise. Die große Finanzkrise wurde dadurch ausgelöst, dass die private Verschuldung durch die damalige Grundstücksspekulation in den meisten westlichen Industrieländern zu hoch war. Ein Absenken der Zinsen führt in so einem Fall nicht zu mehr Nachfrage nach Krediten. 

Die Schuldenreduzierung war der Grund dafür, dass die Erhöhung der Wirtschaftsleistung nach 2009 nur relativ gering ausfiel. Negativzinsen führen eher zu einer Verunsicherung der  Marktteilnehmer, weil sie die Sicherheit ihrer Ersparnisse fürchten und deswegen noch mehr sparen und zum Beispiel in Wertpapiere investieren. Kurssteigerungen und ein Rückgang der Wertpapierrenditen (inklusive Dividenden) sind die Folge. Zwar wurden durch das gleichzeitige Aufkaufen von Wertpapieren durch die Zentralbanken die Geldguthaben der privaten Haushalte erhöht. Aufgrund der Furcht vor der Zukunft sank der Geldumschlag aber im gleichen Maße, sodass die gewünschte Erhöhung der Nachfrage ausblieb. Die Notenbanken hatten so nur noch einen geringen Einfluss auf die reale Wirtschaft.  In der jetzigen Krise sind erhöhte staatliche Ausgaben das einzige Mittel, die ausgefallene Nachfrage zu ersetzen. Da direkte staatliche Ausgaben (etwa Infrastrukturmaßnahmen) einen längeren politischen und verwaltungstechnischen Vorlauf haben, wurden richtigerweise im vermehrten Umfang direkt Gelder an die privaten Haushalte überwiesen.  

Sind die zusätzlich aufgenommenen Schulden ein Problem? Nicht so lange die ausgereichten Mittel nur die fehlende Nachfrage ersetzen und bei Wiederanlaufes der Wirtschaft zurückgefahren werden. Im Gegenteil: das Risiko besteht eher darin, dass die staatlichen Ausgaben wie in 2012/2013 zu schnell wieder zurückgenommen oder durch zusätzliche Steuern kompensiert werden und damit die Gesamtnachfrage zu stark fällt. 

 

 


BAVARIA Industries nimmt Abschied von der Börse...

Nach gut 18 Jahren an der Börse haben wir gestern die Kündigung verschickt. Ich bin erleichtert. Mit einem Streubesitz von 4 % macht die Bör...