In Deutschland arbeiten Beschäftigte im Schnitt nur noch an rund 170 Tagen im Jahr – das entspricht etwa jedem zweiten Kalendertag. Gleichzeitig steigt der Krankenstand: Im Durchschnitt fällt jeder Arbeitnehmerin mittlerweile an fast jedem zehnten Arbeitstag krankheitsbedingt aus. Für Arbeitgeber ist das kostspielig, denn sie tragen die Lohnfortzahlung.
Zugleich hat der Staat in den letzten Jahren viele seiner Aufgaben an Unternehmen delegiert – und diese zusätzlich mit immer mehr Bürokratie belastet. Ein Beispiel: Die Bauvorschriften, insbesondere im Zuge der Energiewende, wurden stark verschärft. Das hat die Kosten für Neubauten innerhalb von fünf Jahren um mehr als 30 % steigen lassen, schätzen Branchenverbände.
Wenn Regulierung zur Besitzstandswahrung wird
Einige Branchen haben sich mit der Regulierung arrangiert – und nutzen ihren Einfluss, um bestehende Strukturen zu schützen:
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Notare: Jede Änderung im Handelsregister muss notariell beurkundet werden. Eine Kapitalerhöhung von 1 Mio. Euro bei einem Start-up verursacht dadurch etwa 5.000 Euro Kosten – allein für die Eintragung.
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Landwirte: Die staatlichen Zuschüsse machen ein Drittel der Einnahmen aus - dazu kommen Steuervergünstigungen etwa beim Agrardiesel sowie Förderungen für Solar-, Wind- und Biogasanlagen.
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Pflichtabgaben: Unternehmen zahlen Jahr für Jahr kleinere, aber summierende Beträge – z. B. GEZ (80 €), IHK-Beiträge (ab 300 €), LEI-Registrierung (80 €), Schornsteinfegerpauschalen (100 €) und mehr.
Verwaltung – digital nur auf dem Papier
Zwar wurde mit dem Onlinezugangsgesetz ein erster Schritt Richtung digitale Verwaltung gemacht – die Umsetzung bleibt aber oft kurios: Formulare lassen sich online einreichen, werden dann aber ausgedruckt und per Hauspost weitergeleitet.
Ein paar Beispiele:
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Das Passamt Gauting beschäftigt drei Mitarbeitende, kann aber keine Anträge aus anderen Bezirken entgegennehmen
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Ärzt*innen füllen Totenscheine auf Durchschlagpapier aus – die Daten werden bis zu siebenmal manuell an unterschiedliche Stellen übermittelt. Statistiken, die daraus entstehen, sind entsprechend fehleranfällig.
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Bürger*innen verbringen jedes Jahr viele Stunden mit Behördengängen – ein realer Produktivitätsverlust für die Gesamtwirtschaft.
Gut gemeint, aber schlecht gemacht
Viele Vorschriften verfolgen sinnvolle Ziele – wirken in der Praxis aber oft als Innovationsbremse oder schützen Marktführer:
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Datenschutz ist wichtig, stellt aber vor allem kleine Start-ups vor große Hürden, während Konzerne wie Google und Meta die Anforderungen auf Millionen Nutzer verteilen.
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Das Verbot der Sonntagsarbeit hatte einst sozialen Schutz im Blick – heute erschwert es flexible Modelle, während Onlinehändler mit 24/7-Verfügbarkeit den stationären Handel verdrängen.
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Geflüchtete dürfen während ihres Asylverfahrens oft jahrelang nicht arbeiten – viele verlieren in dieser Zeit Perspektive und Struktur. Eine pragmatischere, arbeitsmarktnahe Regelung würde helfen.
Pflege und Fachkräftemangel – ein deutsches Dilemma
Wer eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause organisieren möchte, benötigt laut aktueller Arbeitsschutzregelungen vier Vollzeitkräfte. Inklusive Vermittlungsgebühren entstehen dabei Kosten von über 30.000 Euro pro Monat. Statt hier durch gezielte Fachkräftezuwanderung und Lockerungen der Arbeitszeitregeln z.B. für Bereitschaftszeit zu entlasten, steigen die Pflegekosten unaufhaltsam.
Digitalisierung? Bitte nicht mit deutscher Gründlichkeit
Digitalisierungsprojekte scheitern oft – nicht an Technik, sondern an Zuständigkeiten:
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Datenschutz bremst Fortschritt wie z.B. elektronische Krankenakte, obwohl viele Bürger längst digital unterwegs sind.
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Föderalismus sorgt dafür, dass selbst bewährte Lösungen nur mit Zustimmung der jeweiligen Landesregierungen auf andere Regionen übertragen werden können.
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Behörden halten oft an analogen Prozessen fest – selbst bei Softwareeinführungen wird die Technik an alte Abläufe angepasst, nicht umgekehrt. Ausdrucke und manuelle Unterschriften nach jedem Schritt bleiben Standard – auf Kosten von Zeit und Geld.
Gleiches Spiel auf der Baustelle
Öffentliche Bauprojekte dauern regelmäßig doppelt so lange wie geplant und kosten das Mehrfache privater Bauten – und wenn ein Kindergarten nach fünf Jahren endlich eröffnet wird, droht oft schon bald wieder die Schließung wegen baulicher Mängel.
Wie sieht die Lösung aus?
Ein Blick in die Industrie zeigt, wie Effizienz funktioniert: Unser Automobilzulieferer Carbody ist vertraglich verpflichtet, die Teilepreise jährlich um 2–3 % zu senken, obwohl Löhne und Materialkosten regelmäßig steigen. Nur um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssen jährlich rund 10 % der Kosten eingespart oder die Ausbringungsmenge erhöht werden – meist durch Automatisierung und Prozessoptimierung.
Warum nicht auch im öffentlichen Dienst? Eine verpflichtende jährliche Effizienzsteigerung, sei es durch Kostenreduktion, Prozessverkürzung oder Output-Erhöhung, könnte genau die Digitalisierung anstoßen, die wir so dringend brauchen.
Mehr Anreize für Wohnungsbau schaffen
Ein effektiver Weg, den Wohnungsbau anzukurbeln, wäre eine zielgerichtete Reform der Grund- und Grunderwerbsteuer:
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Die derzeit niedrige Grundsteuer könnte erhöht werden, um das Horten unbebauter Grundstücke weniger attraktiv zu machen.
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Im Gegenzug könnte die Grunderwerbsteuer beim Bau oder Erstkauf von Wohnraum gesenkt werden – insbesondere für Selbstnutzer oder Investoren, die tatsächlich bauen.
So würden Brachflächen oder ungenutzte Grundstücke stärker in die Verantwortung genommen und gleichzeitig Anreize für Bebauung und Nutzung geschaffen.
Digitalisierung der Unternehmensverwaltung vereinfachen
Auch im Bereich Unternehmensgründung und -verwaltung ist Effizienzsteigerung möglich:
Eintragungen ins Handelsregister oder Gesellschafteränderungen könnten längst vollständig digital abgewickelt werden – sicher und rechtsverbindlich, z. B. durch Video-Ident oder Online-ID-Check, wie er bereits bei Kontoeröffnungen eingesetzt wird.
Wenn man heute innerhalb weniger Minuten online ein Bankkonto eröffnen kann, sollten einfache Verwaltungsvorgänge wie Handelsregisteränderungen nicht mehr tagelang dauern oder zwingend einen Notartermin erfordern.
Fazit: Nicht kaputtsparen, aber kaputtregulieren auch nicht
Deutschland steht vor der Herausforderung, Verwaltung, Bürokratie und Prozesse auf ein neues Effizienzniveau zu heben – ohne sozialen Schutz über Bord zu werfen. Doch dafür braucht es Mut, Offenheit und die Bereitschaft, liebgewonnene Strukturen zu hinterfragen.
Denn wer heute nicht reformiert, riskiert morgen Stillstand – und den können wir uns schlicht nicht mehr leisten.