Donnerstag, 21. August 2025

Quálitas Controladora: Buffett-Check bestanden?

Quálitas Controladora ist der führende Kfz-Versicherer in Mexiko. Das Unternehmen verbindet eine starke Marktstellung mit konsequentem Kostenfokus und solider Kapitaldisziplin. Mit rund 33 % Marktanteil, 52 % Familienanteil, einem KGV von rund 11, einer Dividendenrendite um 6 % sowie einer Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) um 90 % – einschließlich der Start-up-Märkte – erfüllt das Unternehmen unsere Investitionskriterien.

Rückblickend waren die Gewinne der letzten fünf Jahre insgesamt ohne nennenswertes Wachstum – vor allem aufgrund anhaltenden Preisdrucks im Heimatmarkt. Gleichwohl blieb die Profitabilität bemerkenswert: Im Mittel lag die Eigenkapitalrendite bei etwa 23 %, der Buchwert stieg um 7,5 % p. a. Rechnen wir konservativ ohne Dividendenerhöhungen, ergibt sich aus Dividende (~6 %) und Buchwertwachstum eine erwartbare jährliche Rendite von rund 12,5 %. Das ist eine solide Ausgangsbasis, auch wenn das Gewinnniveau zuletzt stagniert hat.

Entscheidend ist der Blick nach vorn. Nach der Covid-Delle sehen wir mehrere Argumente für wieder zunehmendes Ergebniswachstum: Q1/2025 startete mit +12 % Prämienwachstum, +17,8 % verdienten Prämien und einer Schaden-Kosten-Quote von 88,2 % – deutlich unter dem langfristigen Zielkorridor. Die Schadenquote lag konzernweit bei 59,7 %, in Mexiko bei 58,2 %; der Bestand erreichte mit rund 5,9 Mio. versicherten Einheiten einen neuen Höchststand. Das Management erwartet für 2025 Prämienwachstum im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich und eine Schadenquote innerhalb von 62–65 %.

Das Geschäftsmodell verfügt über deutliche Burggräben (Moats):

  • Marktführerschaft und Marke in einem skalengetriebenen Geschäft,

  • das größte Agentennetzwerk des Landes,

  • vertikale Integration (eigene Reparaturkapazitäten sowie Glas-/Teile-/Telematik-Wertschöpfung), die Kosten senkt und Kundenzufriedenheit erhöht,

  • hohe Verhandlungsmacht gegenüber Zulieferern.

Die Wachstumschancen bleiben intakt. Nur etwa ein Drittel aller Autos in Mexiko ist versichert – trotz gesetzlicher Pflicht. Langfristig kann der Markt deutlich wachsen, wenn Versicherungsdurchdringung und Kreditpenetration zunehmen. Darüber hinaus expandiert Quálitas nach Kolumbien und stärkt durch Zukäufe in der Teile- und Reparaturkette seine Position.

Risiken sind klar benennbar: Das Geschäft ist an den mexikanischen Autozyklus gekoppelt; sinkende Neuwagenverkäufe oder steigende Schadenhäufigkeit wirken direkt auf die Ergebnisse. Anders als manche internationale Wettbewerber nutzt Quálitas weniger Rückversicherung und trägt damit mehr Risiko selbst. Zudem bleibt das makroökonomische Umfeld verhalten (BIP-Wachstum meist 1,5–3 %), und die Durchsetzung der Versicherungspflicht ist schwach.

Kapitalanlage und Bilanz bleiben bewusst konservativ (überwiegend festverzinsliche Anlagen mit einer durchschnittlichen Laufzeit von knapp zwei Jahren) und liefern einen stabilen Ertragsbeitrag. Zum Vergleich: Die Eigenkapitalquote liegt bei Quálitas bei rund 22 %; bei großen europäischen Multiline-Versicherern (z. B. Allianz mit 6 %) ist sie viel niedriger.

Einordnung: Der Versicherer erinnert in seiner Ausrichtung an GEICO im Portfolio von Warren Buffett. Wir halten derzeit knapp 3 % unseres Kapitals in der Position.

Mittwoch, 6. August 2025

Kein Nullwachstum: Wie wir Rente, Klima und Löhne sichern

Warum Nullwachstum attraktiv erscheint:

  • Überforderung & Vorzug einfacher Lösungen: Nach Krisen, Preisschocks und Dauerpessimismus klingt „weniger“ wie Erleichterung.
  • Klimasorge: Manche setzen „Wachstum“ mit mehr Ressourcenverbrauch gleich.
  • Kritik am BIP: Das Bruttoinlandsprodukt misst wenig von dem, was uns wirklich wichtig ist (Gesundheit, Zeitwohlstand, Naturqualität).

Diese Punkte sind verständlich. Aber aus ihnen folgt nicht, dass Null die Lösung ist.

Warum? 

Weil Deutschlands Wohlstand, Sozialstaat und ökologische Transformation ohne Wachstum nicht finanzierbar sind. Die ausführliche Antwort steht unten – und sie handelt nicht von „mehr vom Gleichen“, sondern von der Qualität des Wachstums.

1) Der Sozialstaat braucht Wachstum zur Finanzierung

Renten, Pflege, Gesundheit und Bildung sind laufende Zusagen. Mit einer alternden Gesellschaft steigt die Zahl der Leistungsbezieher schneller als die der Beitragszahler. Rente, Kranken- und sonstige Transfers binden in Deutschland rund 60 % aller Staatsausgaben (inkl. Sozialversicherungen), der Anteil steigt jedes Jahr um fast 0,5 %. Ohne Produktivitäts- und Einkommenswachstum bleiben nur drei Wege: Leistungen kürzen, Beiträge/Steuern erhöhen oder mehr Schulden.

2) Sicherheit, Infrastruktur, Verteidigung kosten real Ressourcen

Energie- und Netzwende, Schiene, digitale Infrastruktur, Resilienz von Lieferketten, Verteidigungsfähigkeit – all das sind Investitionen in Zukunftsfähigkeit. Sie müssen geplant, gebaut, gewartet werden. Bei Nullwachstum konkurrieren diese Projekte eins zu eins mit der Grundversorgung. Ergebnis: Stau, Verspätungen, Verschleiß (S-Bahnhöfe, die immer dreckiger und ungepflegter wirken; Rolltreppen und Fahrstühle, die nicht funktionieren …).

3) Die ökologische Transformation braucht Investitionen

Klimaschutz erfordert Mehrkosten. Eine Windanlage erreicht ihren energetischen Payback erst nach einiger Zeit; zusätzlich braucht es Investitionen in Speicher, Netze und Flexibilität/Regelenergie, um das System stabil zu halten.

4) Wohlstand ohne Produktivitätsfortschritt erodiert

Reallöhne steigen dauerhaft nur, wenn Beschäftigte mehr Wert pro Stunde schaffen können – durch bessere Prozesse, Software, Maschinen, Qualifikation. Nullwachstum heißt faktisch: keine realen Lohnerhöhungen mehr, weniger Spielräume für Konsum und bessere öffentliche Leistungen.

5) Geopolitische Handlungsfähigkeit hängt an wirtschaftlicher Stärke

Ohne wirksame Verteidigungsfähigkeit sind wir ein Spielball der Großmächte USA und China. Europa ist kein Ersatz; unterschiedliche Interessen und Vetorechte einzelner Staaten verhindern ein gemeinsames Auftreten (z. B. im Zollstreit oder bei der kostengünstigeren Beschaffung von Verteidigungswaffen). Nullwachstum bedeutet auch weniger Anziehungskraft für Talente und Kapital.

Missverständnis klären: Wachstum ≠ höherer Ressourcenverbrauch

Das 20.-Jahrhundert-Modell „mehr Tonnen, mehr Energie“ ist vorbei. Wachstum heute kommt aus Ideen, Software, neuen Verfahren, besseren Allokationen. Drei Hebel helfen dabei:

  • Effizienz: Gleiche Leistung mit weniger Input (Wirkungsgrade, Materialkreisläufe, KI-gestützte Planung).
  • Substitution: Saubere statt fossile Inputs (Erneuerbare + Speicher, grüne Prozesse).
  • Organisation & Regeln: Markt- und Rahmensetzung, die externe Kosten einpreist (CO₂-Preis, Standards) – so lenkt man Kapital in saubere Lösungen.

Das Ziel ist also nicht „mehr Beton“, sondern mehr Produktivität pro Ressourceneinheit.

Was wir statt „Null“ brauchen: Qualitätswachstum

Nennen wir es qualitatives Wachstum: mehr Wertschöpfung mit weniger Emissionen, Zeit- und Flächenverbrauch. Dafür braucht es politische Vorgaben.

A) Investieren, wo der Multiplikator hoch ist

  • Energie & Netze: Planungsbeschleunigung, Priorisierung von Engpässen (Übertragungs- und Verteilnetze, Speicher).
  • Schiene & Logistik: Mehr Kapazität pro Trasse durch Signaltechnik; Güterkorridore.
  • Digitalisierung des Staates: End-to-End-Prozesse statt PDF; Identität, Zahlungen, Register verknüpfen.
  • Forschung & Transfer: Fokusfelder mit Spillovers (Power-/Prozess-Tech, Industrie-Software, Biotech, Materialwissenschaften).

B) Produktivität im Mittelstand heben

  • Steuerliche Sofortabschreibung für Software/Automatisierung.
  • Standardisierte Förderpfade (eine Tür, klare Fristen) statt kleinteiliger Programme.
  • Weiterbildung on the job: Micro-/Kleinkredite, die nach bestandenen Modulen erlassen werden.

C) Arbeit mobilisieren

  • Qualifizierte Zuwanderung, schnellere Anerkennung, englischsprachige Behördenpfade.
  • Kinderbetreuung & Ganztag: reale Wahlfreiheit, höhere Erwerbsquoten.
  • Besseres Matching: regionale und digitale Mobilität (Pendler- bzw. Remote-Infrastruktur).

D) Kapital an den richtigen Platz

  • Planungs- und Genehmigungszeiten halbieren (harte Fristen, „Keine Antwort gilt als genehmigt“ bei Standardfällen).
  • Kapitalmarkt stärken: mehr Eigenkapitalfreundlichkeit (Mitarbeiterbeteiligung, Börsenfähigkeit), Pensionen auf privates Sparen umstellen und in Produktivvermögen (Aktien) lenken.
  • Regeln vereinfachen, aber verlässlich: Weniger Ausnahmen, mehr Stabilität – Investoren vertragen klare Leitplanken besser als komplexe, schwankende Vorgaben.

Fazit

„Null Wachstum“ klingt gut, löst aber kein strukturelles Problem – sondern bedeutet: weniger Finanzkraft, weniger ökologische Investitionen, weniger Chancenmobilität. Die echte Alternative lautet: sinnvolles Wachstum als politischer und unternehmerischer Auftrag.  

Fallstudie: Können wir jedem Schwaben vertrauen?

Wir wollten glauben, was wir sahen: ein bodenständiger Maschinenbauer, der sein Lebenswerk übergeben wollte. Doch wie so oft bei 1-€-Deals z...