Donnerstag, 16. September 2021

Ja zum Schuldenmachen?

Sparen klingt besser, als Schuldenmachen? Auch die  deutschen Politiker fordern nach den Covid bedingten Mehrausgaben der letzten Monate eine Rückkehr zur schwarzen Null, wie jüngst der FDP Politiker Lindner.  Die hohe Sparquote der Deutschen von mehr als 10 % bei gleichzeitig ausgeglichenem Staatshaushalt hat aber wesentlich zur weltweiten Schuldenkrise beigetragen. Wenn der eine spart, muß der andere Schulden machen. Weltweit kann die Kapitalbilanz nur ausgeglichen sein. Die deutsche Industrie hatte in den letzten Jahren keine Verwendung für die Ersparnisse der Deutschen - im Saldo wurde hier nicht mehr investiert als verdient. Da die Sparquote der Privathaushalte in den letzten 30 Jahren (vor Corona) bei rund 10 % lag, muß jemand anders die Schulden machen.  Wir haben unsere Ersparnisse exportiert und damit in anderen Ländern den Konsum finanziert. Und so zur steigenden Verschuldung bei den Hauptabnehmern der Exporte - z.B. den USA - beigetragen. 

Die hohe private Sparquote half aber nicht dem Durchschnitts-Arbeitnehmer beim Vermögensaufbau, sondern kam Dank der wachsenden Ungleichheit in Deutschland nur den Besserverdienern zu gute (siehe vorheriger Blog).  Da Sparen Konsumverzicht bedeutet, würde in einer geschlossenen Volkswirtschaft die Produktion pro rata zurückgefahren, bis die Sparquote bei Null liegt. Wenn sich der Staat weigert Schulden zu machen, zum Beispiel um Steuersenkungen oder Infrastruktur-Investitionen zu finanzieren,  dann kann nur der Export die fehlende interne Nachfrage ausgleichen.  Ohne Reallohnsteigerungen bei den Durchschnittsverdienern kann die Wirtschaft nur wachsen, wenn der Exportanteil steigt,  wie es in Deutschland seit Beginn der 90'er Jahre der Fall ist.  Da Exporte im Ausland Konsum bedeuten, muß das Abnehmerland im steigenden Maß Schulden machen. Das geht solange gut, bis die Bonität angezweifelt wird, wie es die große Finanzkrise 2009 zeigte. Seit dem sind die Südeuropäer auch zu Sparern geworden und die USA bleibt als Hauptabnehmer der deutschen und europäischen Exportüberschüsse. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Kreditkrise oder der Handelskrieg mit Strafzöllen richtig ausbricht. 

So bleibt dem Deutschen Staat eigentlich nichts anderes übrig, als mit der Aufnahme von Schulden den fehlenden Konsum in Deutschland auszugleichen, wenn man den weltweiten Handelskrieg vermeiden möchte. Solange, bis die Importe der Höhe nach den Exporten entsprechen,  wie es zu Beginn der 90'er Jahre fast der Fall war.  Mit steigenden deutschen Importen hilft man den Ausländern, die eigene Arbeitslosigkeit zur reduzieren. Gleichzeitig kommt der steigende Staatskonsum der inländischen Nachfrage und Beschäftigung zu gute. Damit ist ein gesundes Wachstum für alle verbunden. 

Die staatlichen Mehrausgaben helfen die Produktivität zu steigern, zum Beispiel durch Investitionen zum Ausbau des Internets (sehr langsam im europäischen Vergleich) oder Investitionen in Straßenbau und Bahn, um Stauverluste zu reduzieren. Alle Ausgaben haben auch einen Multiplikator-Effekt, in dem die Beschäftigung oder (durch Zulagen) die Kaufkraft gesteigert wird und  sich damit wiederum die Nachfrage erhöht. 


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