10 Mio. Euro haben wir verloren, weil
wir dem Verkäufer die Richtigkeit seiner eigenen Bilanz garantierten. Es war
bis dato unsere größte Übernahme mit 100 Mio. Umsatz. Wir hatten einen Zuschuss
von 8 Mio. verhandelt, um die horrenden Verluste des Automobilzulieferers von
rund 2,5 Mio. im Monat abzudecken. Dafür garantierten wir dem Verkäufer, dass
wir in den ersten 3 Monaten keine Insolvenz anmelden oder ihn in den ersten
drei Jahren von jeder Inanspruchnahme aus der Bilanz freistellen.
Der erste Versuch unserer
Inanspruchnahme erfolgte am 90. Tag nach der Übernahme: Der Geschäftsführer
hatte trotz der noch vollen Kassen die Insolvenz angemeldet. Damals ärgerte uns
das sehr, heute habe ich mehr Verständnis für sein Verhalten. Schließlich hatte
er uns bis dahin noch am Haken und konnte so das Beste für die Gesellschaft
herausholen. Uns gelang es, das Risiko weg zu verhandeln, weil wir der
Verkäuferin mit Rücktritt drohten (sie wurde gerade selbst übernommen und
konnte sich die Rückkehr der Verantwortung für die Verluste nicht leisten). Sie
versprach eine zusätzliche Finanzierungshilfe, was den Geschäftsführer zu der Rücknahme
seines Insolvenzantrages veranlasste.
Nachdem wir aber die Gesellschaft teilweise saniert hatten, gaben wir diese zwei Jahre später für einen symbolischen
Kaufpreis an einen lokalen Investor ab, da der Kapitalbedarf doch viel höher
war als angenommen. Der Investor konnte über seine politischen Kontakte einen
öffentlichen Zuschuss von 5 Mio. für die Gesellschaft erreichen. Dies gelang
uns leider bei keiner unserer Sanierungen - uns fehlte die Geduld, die
erforderlichen Anträge zu stellen bzw. den Bearbeitungsaufwand zu leisten.
Dieser Investor verlangte und erhielt umgehend 7 Mio. von der Verkäuferin, da
sie die Risiken des Geschäfts nicht ordnungsgemäß in der Bilanz zurückgestellt
hatte. Und dafür mussten wir einstehen - mit Zinsen ca. 10 Mio.!
Die Lektion daraus: Vergib nie Garantien, denn die Eintrittswahrscheinlichkeit
ist viel höher als man im Eifer des Gefechts denkt, auch weil sie das Verhalten
der Parteien verändert.
6 Mio. haben wir verloren, weil wir
einem für einen Euro übernommenen Maschinenbauer Bankgarantien gewährten und
ihm später noch den Zukauf einer Gesellschaft finanzierten. Wir hatten uns von
dem ausgewiesenen Gewinn in der Bilanz dazu verleiten lassen. Allerdings
beruhte dieser allein auf dem Auftragsbestand und der Schätzung des Managements
zur Höhe des Anarbeitungsgrades. Statt eines operativen Gewinns von 3 Mio.
stand nach einem Kassensturz im nächsten Jahr ein Verlust von 20 Mio. in den
Büchern! Unsern Fehler haben wir dadurch noch verschärft, dass wir der Firma
erlaubten, einen Wettbewerber in Frankreich zu übernehmen - ohne unsere
Prüfung. Auch hier hatte das Management den Kapitalbedarf katastrophal
unterschätzt. Die branchenübliche Anzahlungsquote von 30 % deckte keineswegs den
erforderlichen Materialeinkauf von rund 70-80 % des Auftragsvolumens ab. Aus
heutiger Sicht muss ich sagen, dass wir den Vertriebsleiter nie zum
Geschäftsführer des Unternehmens hätten machen dürfen. Ihm gingen Auftragseingang und Umsatz um jeden Preis über
alles. Für eine detaillierte Überwachung der Abarbeitung fehlte ihm jede
Geduld. Hinzu kam ein überforderter Kaufmann, der versuchte, den Cash Flow
lediglich über die gestellten Rechnungen zu kontrollieren (und nicht über die
Bestellungen).
Weitere Fehler haben wir dadurch
gemacht, dass wir eine Reihe von Gesellschaften nach ersten Gewinnen nicht
prompt verkauft haben. Wir haben unsere eigenen Leistungen überschätzt und
nicht erkannt, dass wir zum Teil einfach nur Glück gehabt hatten. Die Unternehmen
unterlagen zyklischen Auf- und Abschwüngen, hatten aber einen inhärenten
Kostennachteil, weil sie für ihre Branche schlichtweg zu klein waren. Ein paar
Jahre später mussten wir diese Unternehmen entweder abwickeln oder für wenig
Geld abgeben, da hohe Investitionen erforderlich wurden. Wir hatten das
Zeitfenster für einen erfolgreichen Verkauf schlichtweg verschlafen.
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