Donnerstag, 28. September 2023

Allianz - noch ein tönerner Koloss?

Gestern erwähnte mein Vater beiläufig in einem Telefonat, weitere Allianz Aktien kaufen zu wollen. Als Grund gab er die Dividendenrendite von 5 % an. 

Der beste Gradmesser für den Erfolg einer Versicherung und jeder Kapitalanlagegesellschaft ist die Steigerung des Buchwertes (= Eigenkapital) je Aktie. Dieser sank bei der Allianz in den letzten 5 Jahren um 3 % und blieb über 10 Jahre konstant. Mit anderen Worten, der gesamte Gewinn wurde an die Aktionäre ausgeschüttet! Da die Bilanzsumme in der Zwischenzeit leicht angewachsen ist, fiel die Eigenkapitalquote von 7 auf 6 %. Das Management hat das Ziel, die Eigenkapitalrendite zu steigern. Am einfachsten geht dies durch die Erhöhung der Bilanzsumme (mehr Finanzanlagen) bzw. die Verringerung des Eigenkapitals durch Aktienrückkäufe wie bei der Allianz.

Die Deutsche Bank konnte bis zur großen Finanzkrise 2009 die Rendite auf fast 20 % steigern. Dann brach das Kartenhaus zusammen: Das Eigenkapital betrug zum Zeitpunkt der Krise noch 1,4 % und als Aktionär schaute man seitdem in die Röhre; der Aktienkurs fiel stetig und beträgt noch 10 % des ursprünglichen. Die Aktionäre sind durch fortlaufende Kapitalerhöhungen auf weniger als ein Drittel ihres Anteilsbesitzes verwässert worden.  Dividenden wurden durch Kapitalerhöhungen finanziert, die Eigenkapitalquote ist mit 5,6 % trotzdem weniger als halb so hoch wie bei den großen amerikanischen Banken. 

Bei einem Großschaden droht der Allianz das gleiche Schicksal. Das Bondrating würde sich verschlechtern und die Refinanzierung der Finanzanlagen wird teurer. Es droht die Kürzung der Dividende und eine Verwässerung durch Kapitalerhöhungen.

Vergleicht man die Allianz mit dem kanadischen Versicherer Fairfax Holding wird deutlich, wie unattraktiv die Allianz Aktie ist:

Trotz des fehlenden Wachstums werden Allianz Aktien mit 70 % Prämie auf den Buchwert gehandelt, während Fairfax Aktien ohne Prämie zu haben sind. Dafür stieg der Buchwert per Aktie in den letzten 5 Jahren bei Fairfax um 15 % p.a. Das Unternehmen zahlt eine kleine Dividende von 1,2 % und investiert lieber in das Wachstum der Firma. Wir profitieren von der Wertsteigerung, ohne jedes Jahr 30 % Steuern auf die Dividende zahlen zu müssen. Der Vorstand Prem Watsa selber hält 10 % der Aktien und ist ein angesehener Value Investor. Er handelt sehr vorsichtig, wie der Blick auf die Finanzanlagen zeigt. Ende 22 betrug die durchschnittliche Laufzeit der verzinslichen Anlagen nur knapp über 1,5 Jahre, während die Laufzeit bei der Allianz durchschnittlich fast 9 Jahre ist! So war Fairfax der einzige Versicherer, der als Folge der höheren Zinsen keine Abschreibungen auf die Finanzanlagen vornehmen musste. Wegen der kurzen Laufzeit stieg der Buchwert im letzten Jahr (bereinigt um die Dividende) um 6 %.  

Wir rechnen mit deutlichen Gewinnsteigerungen, da die Gesellschaft in 1,5 Jahren vollständig in den Genuss der höheren Zinsen kommt, während es bei Allianz sechsmal so lange dauert. Die Finanzanlagen bei Fairfax waren zum 30.6. durch 30 % Eigenkapital finanziert. Hätte Fairfax die Bilanz genauso stark wie Allianz gehebelt, dann läge die Eigenkapitalrendite der letzten fünf Jahre nicht bei 10 %, sondern bei über 50 %. Die Allianz hatte in den fünf Jahren trotz des viel kleineren Risikopuffers 11 % Rendite.


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