Montag, 7. Januar 2019

Fehler zugeben.

Bei unseren Automobilzulieferern finden täglich Fehlerbesprechungen statt, um die Ausschussraten zu senken. Bei jedem Flugzeugabsturz werden langwierige Prüfungen betrieben. Nur im normalen Leben findet dies nicht statt. Stattdessen sind Schuldzuweisungen die Regel und Fehler werden verleugnet.

Um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang zu setzen, hilft es, als Geschäftsführer eigene Fehler zuzugeben. Gebe ich Fehler zu, tun es die Kollegen auch eher. Und es gibt eine grössere Offenheit bei der Prüfung. So wundere ich mich immer wieder darüber, wie viele Fehler ich mache. Zum Beispiel, wenn ich vergesse, ein Limit bei der Wertpapierorder einzugeben. Oder wenn ich einen Vertrag unterschreibe, ohne dass ich eine Klausel in ihrer Tragweite wirklich verstehe. 

Denke ich an meine Fehler, fallen mir verschiedene Kategorien ein. Eine Ursache ist sicherlich, dass ich nicht mehr Zeit in die Entscheidungsfindung investiere. Zum Beispiel, wenn ich einen Geschäftsführer trotz Zweifeln einstelle, ohne noch eine weitere Referenz einzuholen oder die Suche fortzusetzen. Oder nehmen wir die Unternehmen, die wir nach ersten Gewinnen nicht verkauft haben, weil wir nicht die Zufälligkeit der Ergebnisse verstanden. So übersahen wir beim Verpackungsunternehmen Hunsfos, dass wir den Gewinn nur einer günstigen Dreierkonstellation von einmaligen Rückgängen bei den Energiepreisen, der Norwegischen Währung und der Rohstoffpreise verdankten. Eine kritischere Hinterfragung des Gewinns hätte diese Sondereinflüsse sicher ans Licht gebracht. Stattdessen erwarteten wir im nächsten Jahr weiter steigende Gewinne...

Eine wichtige Fehlerkategorie, die oft übersehen wird, ist die Wirkung des Anreizsystems und die menschliche Psychologie. So wird das Managementteam im Verkaufsprozess irgendwann die Seite wechseln und sich beim Käufer lieb Kind machen wollen. Der professionelle Verkäufer wird im Zweifelsfall versuchen, dem durch Exitboni zu begegnen. Allerdings hat dies den diplomatischen Umgang mit der Wahrheit zur Folge, zum Beispiel bei der Beantwortung von Due Diligence Fragen. Manchmal wird übereifrig versucht, das Working Capital im Sinne des Käufers zu managen. Oder  in einem Fall das glatte Gegenteil: Bei der Übernahme der K+S hatte der Verkäufer uns statt dem Holdingmanagement den Zuschlag erteilt. Vor lauter Enttäuschung wurden daraufhin laufende Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen.

Honoriert man den Berater auf Erfolgsbasis, darf man sich nicht wundern, wenn in der Due Diligence nur pseudokritisch Fragen gestellt werden und man in der Verkaufsverhandlung plötzlich allein den Kaufvertrag verhandelt. 
  
Es hilft ein "Pre-Mortem" durchzuführen. Angenommen der Deal ginge schief, woran könnte es im Nachhinein gelegen haben? Das Denken in Szenarien und in Wahrscheinlichkeiten hilft, kein falsches Gefühl der Sicherheit zu bekommen. So wissen wir heute, dass die Wahrscheinlichkeit, den richtigen Geschäftsführer zu finden, nur bei 60% liegt. Also muss die Performance auch nach der Einstellung laufend überwacht werden, um nicht zu viel Zeit zu verlieren, wenn ein weiterer Wechsel erforderlich wird.  Jede Änderung sollte aber gut überlegt sein. Bei Vosla z.B. führte die Änderung der Geschäftsleitung dazu, dass finanzierende Banken das Vertrauen verloren und bereits gemachte Kreditzusagen wieder zurückzogen. 

Wir glauben, dass wir maximal nur zu 60% in allen unseren Entscheidungen richtig liegen. Wir setzen deshalb nicht zu viel auf eine Karte. Schätzen wir nach gründlicher Analyse ausnahmsweise die  Erfolgswahrscheinlichkeit höher ein, dann erhöhen wir aber den Einsatz. Eine Vertagung ist jedenfalls auch eine Entscheidung und machmal die teuerste Variante. 

Im Fazit bedeutet Entscheiden, Verantwortung übernehmen und die damit verbundene Arbeit und Zweifel zu akzeptieren. Der Zeitpunkt sollte gut gewählt sein, am besten morgens und nachdem man eine Nacht darüber schlafen konnte. Es hilft, die Zahl der Entscheidungen zu reduzieren. Ein geordneter Tagesablauf und den Pullover in der gleichen Farbe mehrmals zu haben, schaden nicht. Der "Entscheidungsmuskel" lässt sich trainieren und wird mit zunehmender Erfahrung besser im Vergleich zum übrigen Körper.

Checklisten können dazu dienen, die Fehler der Vergangenheit zu dokumentieren und jede Entscheidung darauf hin abzuprüfen und damit die Entscheidung zu objektivieren. Wer mehr dazu wissen möchte, dem sei Atul Gawande's "Checklist Manifesto" zur weiteren Lektüre empfohlen.

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