Bei unseren Automobilzulieferern finden
täglich Fehlerbesprechungen statt, um die Ausschussraten zu senken. Bei jedem
Flugzeugabsturz werden langwierige Prüfungen betrieben. Nur im normalen Leben findet dies nicht statt. Stattdessen sind Schuldzuweisungen die Regel und Fehler werden verleugnet.
Um einen kontinuierlichen
Verbesserungsprozess in Gang zu setzen, hilft es, als Geschäftsführer eigene
Fehler zuzugeben. Gebe ich Fehler zu, tun es die Kollegen auch eher. Und es
gibt eine grössere Offenheit bei der Prüfung. So wundere ich mich immer wieder
darüber, wie viele Fehler ich mache. Zum Beispiel, wenn ich vergesse, ein Limit
bei der Wertpapierorder einzugeben. Oder wenn ich einen Vertrag
unterschreibe, ohne dass ich eine Klausel in ihrer Tragweite wirklich verstehe.
Denke ich an meine Fehler,
fallen mir verschiedene Kategorien ein. Eine Ursache ist sicherlich, dass ich nicht
mehr Zeit in die Entscheidungsfindung investiere. Zum Beispiel, wenn ich einen
Geschäftsführer trotz Zweifeln einstelle, ohne noch eine weitere Referenz
einzuholen oder die Suche fortzusetzen. Oder nehmen wir die Unternehmen, die wir
nach ersten Gewinnen nicht verkauft haben, weil wir nicht die Zufälligkeit der Ergebnisse verstanden. So übersahen wir beim Verpackungsunternehmen Hunsfos, dass wir den Gewinn nur einer günstigen
Dreierkonstellation von einmaligen Rückgängen bei den Energiepreisen, der
Norwegischen Währung und der Rohstoffpreise verdankten. Eine kritischere
Hinterfragung des Gewinns hätte diese Sondereinflüsse sicher ans Licht
gebracht. Stattdessen erwarteten wir im nächsten Jahr weiter steigende Gewinne...
Eine wichtige Fehlerkategorie, die oft übersehen wird, ist die Wirkung des Anreizsystems und die menschliche Psychologie. So wird das Managementteam im Verkaufsprozess irgendwann die Seite
wechseln und sich beim Käufer lieb Kind machen wollen. Der
professionelle Verkäufer wird im Zweifelsfall versuchen, dem durch Exitboni zu begegnen. Allerdings hat dies den diplomatischen Umgang mit der Wahrheit zur Folge, zum Beispiel bei der
Beantwortung von Due Diligence Fragen. Manchmal wird übereifrig versucht, das Working Capital im Sinne des Käufers zu managen. Oder in einem Fall das glatte Gegenteil: Bei der Übernahme der K+S hatte der Verkäufer uns statt dem Holdingmanagement den Zuschlag erteilt. Vor lauter
Enttäuschung wurden daraufhin laufende Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen.
Honoriert man den Berater auf
Erfolgsbasis, darf man sich nicht wundern, wenn in der Due Diligence nur pseudokritisch Fragen gestellt werden und man in der Verkaufsverhandlung plötzlich allein den
Kaufvertrag verhandelt.
Es hilft ein "Pre-Mortem" durchzuführen.
Angenommen der Deal ginge schief, woran könnte es im Nachhinein gelegen haben?
Das Denken in Szenarien und in Wahrscheinlichkeiten hilft, kein falsches
Gefühl der Sicherheit zu bekommen. So wissen wir heute, dass die Wahrscheinlichkeit,
den richtigen Geschäftsführer zu finden, nur bei 60% liegt. Also muss die
Performance auch nach der Einstellung laufend überwacht werden, um nicht zu viel
Zeit zu verlieren, wenn ein weiterer Wechsel erforderlich wird. Jede Änderung sollte aber gut überlegt sein. Bei Vosla z.B. führte die Änderung der
Geschäftsleitung dazu, dass finanzierende Banken das Vertrauen verloren
und bereits gemachte Kreditzusagen wieder zurückzogen.
Wir glauben, dass wir
maximal nur zu 60% in allen unseren Entscheidungen richtig liegen. Wir setzen deshalb nicht zu viel auf eine Karte. Schätzen wir nach gründlicher Analyse ausnahmsweise
die Erfolgswahrscheinlichkeit höher ein,
dann erhöhen wir aber den Einsatz. Eine Vertagung ist jedenfalls auch eine
Entscheidung und machmal die teuerste Variante.
Im Fazit bedeutet Entscheiden, Verantwortung
übernehmen und die damit verbundene Arbeit und Zweifel zu akzeptieren. Der Zeitpunkt sollte gut gewählt sein, am besten morgens
und nachdem man eine Nacht darüber schlafen konnte. Es hilft, die Zahl der Entscheidungen
zu reduzieren. Ein geordneter Tagesablauf und den Pullover in der gleichen
Farbe mehrmals zu haben, schaden nicht. Der "Entscheidungsmuskel" lässt sich trainieren
und wird mit zunehmender Erfahrung besser im Vergleich zum übrigen Körper.
Checklisten können dazu dienen, die Fehler der Vergangenheit zu dokumentieren und jede Entscheidung darauf hin abzuprüfen und damit die Entscheidung zu objektivieren. Wer mehr dazu wissen möchte, dem sei Atul Gawande's "Checklist Manifesto" zur weiteren Lektüre empfohlen.
Sehr geehrter Herr Scholz, ihre Haltung, sich nur 60% richtige Entscheidungen zuzutrauen und sich ständig zu hinterfragen, ist sicher Teil der Erklärung, warum Sie Erfolg haben, in dem was sie tun. Hybris und Selbstüberschätzung sind allgegenwärtig und für das Ego so viel angenehmer und schmerzloser. Das Buch von Gawande ist eine echte Inspiration nicht nur zum Investieren, allerdings würde ich bei diesem Thema eher das Buch "Trial and Error: Warum Niederlagen zum Erfolg führen" von Tim Harford denken, dass ich bereits mehrfach gelesen habe und empfehlen kann. Seine Kerngedanken daraus hat Harford in einem TED Talk präsentiert: https://www.ted.com/talks/tim_harford
AntwortenLöschenDanke!
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