Donnerstag, 19. Oktober 2017

Welche Fehler haben wir bei unseren Zukäufen gemacht?

Unendlich viele. Zu den katastrophaleren gehört der mangelhafte Auftragseingang, den wir bei der Übernahme eines größeren Automobilzulieferers übersehen haben. Das Umsatzwachstum der letzten Jahre hatte uns geblendet. Die Qualitätsprobleme bei den Neuanläufen führten zu der Auslistung als Zulieferer bei wichtigen OEM-Kunden. Aufgrund der Verzögerung zwischen Auftragseingang, Serienanlauf ("SOP") und Umsatzgenerierung hatten wir dies übersehen. Heute prüfen wir die Entwicklung des Auftragseingangs und -bestandes mindestens der letzten zwei Jahre nach Monaten, idealerweise grafisch aufbereitet. 

Häufig waren wir auch zu optimistisch, was die Marktentwicklung anbelangt: was haben Küchenstudioketten, Aluminiumfolienhersteller oder Auftragsfertiger für Telekom gemeinsam? Rückgänge im Umsatz führten dazu, dass wir mit allen unsern Kostensenkungen im Ergebnis trotzdem nicht über die Nulllinie kamen. Heute achten wir darauf, dass das Unternehmen "Pricing Power" hat: Es wird nicht alle Kunden verlieren, wenn es den Preis einmal um 5 % erhöht, um zum Beispiel gestiegene Materialpreise zu kompensieren. Typischerweise sind diese Unternehmen in technischen Nischen tätig, wie einige der Maschinenbauer, die wir übernommen haben, oder sind über Kanban-Prozesse eng mit der Kundenfertigung verknüpft (z. B. unser Produzent für Elektrolaminate K+S GmbH.)  

Auch sollte sich der Deal für den Erwerber lohnen, in einigen Fällen haben wir im Eifer des Gefechts zu viel Schulden akzeptiert, mit der Erwartung, wenn zu wenig Cash Flow erwirtschaftet wird, nachverhandeln zu können. In der Regel klappte dies jedoch nicht. Wir hatten dabei wohl unsern Verhandlungsspielraum falsch eingeschätzt. So haben wir z.B. bei der Hering Wärmetauscher fast 15 Jahre nur für die Banken gearbeitet und auf jede Form von Dividenden verzichtet. Heute achten wir darauf, dass wir nicht zu viel für unsere künftige Arbeit vorab bezahlen (z. B. in Form eines Kaufpreises oder in der Übernahme von zu viel Schulden).

Wichtig ist auch, dass man sich Gedanken über den Cash-Flow Zyklus des Geschäfts macht: ein Bekleidungshersteller, der nur zwei Kollektionen im Jahr über die eigenen Läden verkauft, muss fast einen halben Jahresumsatz vorproduzieren, wenn man den durchschnittlichen Orderzyklus von 180 Tagen in der Beschaffung aus Asien mit berücksichtigt. Dies haben wir bei unserer ersten Übernahme in der Branche glatt übersehen. Die Lieferanten fordern zumindest einen Aval oder "Letter of credit", den die Banken in der Anfangsphase der Sanierung sicherlich nicht ohne eine Barhinterlegung von möglicherweise 1:1 auslegen werden. Ähnliches gilt für Anzahlungsbürgschaften bei Projektgeschäften. Obwohl der typische Kunde eines Maschinenbauers einen Teil des Kaufpreises vorab bezahlt, erwartet er als Sicherheitsleistung einen Anzahlungs-Aval. Banken oder Versicherungen werden diese Bürgschaft aber nur mit einer teilweisen Hinterlegung dieser Mittel auslegen. Diese Mittel stehen dann nicht zur Verfügung, um die notwendigen Vormaterialien zu beschaffen.

Auch sollte man die Rolle von Kreditversicherern verstehen. In Europa gibt es nur drei: EulerHermes, Coface und Atradius. Diese entscheiden häufig über das Schicksal der neu gekauften Gesellschaft. Setzen diese die Kreditlinie   nach der Übernahme auf null, weil zum Beispiel der Konzernverbund wegfällt, dann verlangen die Lieferanten bei Bestellungen plötzlich Sofortkasse. Dies treibt das erforderliche Finanzierungsvolumen in die Höhe und hat häufig die Insolvenz zur Folge. Heute nehmen wir die Kreditversicherer sehr Ernst und suchen aktiv das Gespräch, um durch gezielte Informationen Unsicherheiten zu nehmen und klar den Eindruck zu vermitteln, dass die Gesellschaft eine Zukunft hat.

Generell sollte man Verkäufern gegenüber nach dem Motto verfahren: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Auch der vermeintlich honorige Schwabe, verheiratet mit einer Ärztin, kann sich als jemand entpuppen, der unbezahlte Rechnungen einfach in der Schublade entsorgt hat (natürlich waren sie vorher nicht gebucht worden). Wir haben daraus gelernt, immer mit den Originalzahlen (z.B. BWA's, Kontoauszüge, Geschäftsberichte zu arbeiten), statt uns nur auf Excel basierte Controllingauszüge zu verlassen. Vor Betrug bleibt man allerdings nicht gefeit. Bei schlechtem Bauchgefühl sollte man von der Transaktion die Finger lassen und bei nachweislichen Falschaussagen auch den Vertragsrücktritt ins Auge fassen (alle Antworten sollte man vor diesem Hintergrund auch sorgfältig dokumentieren und den elektronischen Datenraum sich als CD geben lassen). 

Auch eine von den großen Vier geprüfte Bilanz muss nicht richtig sein. Ein Prüfungsleiter in Süditalien ist ganz anderem Druck ausgesetzt, wenn er die Bilanz nicht testiert, obwohl weder die Vorräte, noch die Kasse oder die Forderungen überhaupt vorhanden sind. Auch lässt das Prüfungshonorar die Fahrt auf die Baustelle nicht zu, um den tatsächlichen Baufortschritt wirklich beurteilen zu können. Das heißt, alle angearbeiteten Leistungen (im Anlagenbau oft gewinn bestimmend) sind nur auf Basis von Material- und Zeitbelegen ermittelbar, lassen aber kein Bild über die tatsächliche technische Umsetzbarkeit und kaufmännische Abrechenbarkeit zu. 

Wir haben im Laufe der Zeit versucht, eine Checkliste zu erstellen, die auf den Lernerfahrungen aus unsern Fehlern beruht. Dabei sollte man sich darauf konzentrieren, die erfolgsentscheidenden Mängel auszuschließen. Dies kann je nach Geschäft und Verkäufermotivation unterschiedlich sein. Oft lohnt es sich auch, die finanzielle Lage des Verkäufers zu untersuchen. Jemand, der selbst in der Krise steckt, neigt in seiner Verzweiflung eher dazu, unrechtmäßige Dinge zu tun.



Die ersten 100 Tage einer Sanierung...

Am ersten Tag ab 8 Uhr präsent sein:
1alle Auszahlungen genehmigen lassen (um Art und Umfang der Aufwendungen zu sehen)
2. Cash Flow Plan erstellen (je nach Höhe des "Cash Burns" täglich oder wöchentlich)
3. Managementmeeting, um erste Erklärungen zur weiteren Vorgehensweise festzulegen  (z.B. wie die Kunden, wie die Mitarbeiter informiert werden). 
4. Information des Betriebsrates und Betriebsversammlung.
Ziel ist es, Ängsten zu begegnen und "business as usual" nach außen hin zu kommunizieren

Dann sollte in den ersten Tagen ein Assessment des Managementteams erfolgen, idealerweise in Einzelgesprächen vor Ort am Tisch des Managers. Dabei können auch schon Probleme identifiziert, bzw. mögliche Lösungen besprochen werden. Falls vor der Anteilsübergabe ("Closing")  Betriebsbesuche möglich sind, kann dies Assessment auch schon früher stattfinden.

Je nach Einschätzung kann die alte Geschäftsführung noch im Job verbleiben oder man selbst besetzt temporär die Geschäftsleitung. Beim Assessment ist es das Ziel, Anforderungsprofile für die zukünftige Geschäftsführung zu erstellen, sodass gezielt Um- oder Neubesetzungen erfolgen können. Die Suche von neuen Geschäftsführern erfolgt über Onlinesuche (geht am schnellsten), Interimsagenturen liefern in den meisten Fällen nur gescheiterte Existenzen, die ihre Rauswürfe als Interimseinsätze tarnen. Headhunter brauchen meistens zu lange.

In den ersten Wochen sollte ein "Do Nothing Szenario" als Baseline erstellt werden, d.h. wie sieht die Ergebnis- und Cash Flowentwicklung aus, wenn alles beim Alten bleibt. Dies Szenario sollte möglichst realistisch geplant werden, sodass man bei der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen nicht einfach nur der zu optimistischen Baseline hinterherläuft. Danach sollte die Zielrendite ermittelt werden (ergibt sich aus Branchenvergleich) und die Maßnahmen zur Schließung der "Ziellücke" müssen gemeinsam mit dem Management erarbeitet werden.

Da die Kosten häufig der Umsatzentwicklung nicht angepasst worden sind, werden dies in erster Linie Maßnahmen zur Senkung der direkten Kosten (Materialkosten, direkte Löhne) und der indirekten Kosten ("SGA" - inklusive aller fixen Kosten wie indirekte Löhne, alle Sachkosten) sein. Maßnahmen zur Umsatzsteigerung spielen in dieser ersten Phase im Allgemeinen keine Rolle, da wir kurzfristig wohl eher mit (weiteren) Umsatzrückgängen rechnen können angesichts der Unsicherheiten bei der Belegschaft und im Markt über den Eigentümerwechsel.  

Die Absenkung der Personalkosten wird ein wichtiger Baustein sein, da ein vorhandener zu hoher Personalbestand   häufig die wesentliche Krisenursache ist bzw. auch der Hauptgrund sein dürfte, das Unternehmen überhaupt abzugeben. Der Plan sollte auch in seiner Entstehung in regelmäßigen Abständen mit dem Betriebsrat besprochen werden. Das Ziel der Absenkung der Personalkosten sollte dabei im Vordergrund stehen: dies kann auch über Vereinbarung von Lohnsenkungen, längere Arbeitszeiten und höhere Arbeitszeitkonten (zur Vermeidung von Überstundenzahlungen) geschehen. Vor die Wahl gestellt, wird der Betriebsrat mitunter für Mitarbeiterabbau plädieren, da er selbst Kündigungsschutz genießt und an Lohnkürzungen teilnehmen würde. Im Mittelpunkt dieser Gespräche steht in der Regel nicht die Höhe des Mitarbeiterabbaus, sondern mehr die Sicherheit der übrigen Arbeitsplätze. Im Prinzip steht hier der Betriebsrat auf der gleichen Seite wie das Management, wenn es um die Sicherung der Zukunft des Betriebes geht. Dabei sollte der Plan Puffer enthalten, sodass der Betriebsrat gegenüber der Belegschaft Verhandlungserfolge melden kann.

Unser BAVARIA Operating System haben wir als geeignetes Instrument entwickelt, um die Umsetzung der Maßnahmen zu sichern. Pro Bereich werden dabei die wichtigsten Finanzkennzahlen im Soll- und Ist gegenüber gestellt sowie die Umsetzung der Maßnahmen überwacht. Das Ganze wird durch eine Ampelfunktion visualisiert. Dabei dürfen nie mehr als 3 bis maximal 5 Maßnahmen herausgestellt werden. Iterativ kann dann, nach der Umsetzung der ersten Maßnahmen mit weiteren begonnen werden. Sonst gibt es typischerweise einen "Waschzettel" aus vielen Einzelmaßnahmen ohne richtige Priorisierung, der alle lähmt und im Endeffekt dazu führt, dass überhaupt nichts umgesetzt wird.

Die Erhöhung der Bruttomarge steht im Vordergrund der Maßgaben, Neuaufträge dürfen nur hereingenommen werden, wenn eine Mindestbruttomarge von z.B. 30 % erreicht wird, da sonst der Break-even unerreichbar bliebe. Durch Preiserhöhungen oder Senkung der Prozesskosten sollten alle negativen Deckungsbeiträge (diese sind überraschenderweise bei allen Unternehmen vorhanden) ausgemerzt werden bzw. sukzessive die Bruttomarge des vorhandenen Auftragsbestandes erhöht werden. Unter Umständen ist es dabei erforderlich, mit den Kunden über die Rückgabe bestimmter Aufträge zu verhandeln. Dies geht naturgemäß am besten, solange die Zahlen noch schlecht genug sind bzw. man der alten Geschäftsleitung die Schuld in die Schuhe schieben kann.


Dienstag, 17. Oktober 2017

Welche Manager sollte man meiden?

Sie lernen nicht aus Fehlern. Folgende Grundmuster sind uns im Laufe der Zeit aufgefallen:

1. Die Schuld immer woanders suchen
Der Fokus liegt bei ihm darauf, Entschuldigungen zu suchen. Dadurch sieht sich der Manager immer in einer Opferrolle. Er übersieht dabei, dass er zwar nicht das Ergebnis zu 100 % beeinflussen kann, wohl aber den Prozess. Er wird damit nie lernen, seine Handlungsspielräume auszunutzen und dabei feststellen, dass er viel mehr Einfluss hat als angenommen, z.B. durch sein vorbildliches Handeln. Deshalb sollte man seine Kinder auch nicht für gute Schulnoten loben, sondern nur für die harte Arbeit.

2. Die Sucht nach Anerkennung und Liebe
Besonders deutlich fiel mir dies bei einem unserer Manager auf, der in jedem Gespräch die Liebe suchte oder zumindest eine Form der Anerkennung. Vielleicht hat er in der Kindheit zu wenig Sicherheit erfahren. Konflikten geht er aus dem Weg und Unangenehmes delegiert er. Wobei sein Selbstbewusstsein immer mehr schrumpft. Nur indem man Unangenehmes selber macht und möglichst sofort, wächst man. Auch sollte man mit den Konsequenzen seines Handelns leben: hat man den Falschen eingestellt, sollte man auch selbst das Entlassungsgespräch führen! 

3. Selbstüberschätzung
Sie decken schwache Manager, weil sie einem das Gefühl für die eigene Bedeutung vermitteln. Sie prüfen nicht ergebnisoffen, sondern suchen die Bestätigung für die vermeintlich gute Entwicklung. Anekdoten wird mehr Bedeutung beigemessen als der tatsächlichen Entwicklung der Zahlen. So werden z.B. Kundentermine als Vertriebserfolg gewertet, statt den tatsächlichen Auftragseingang zu betrachten. Guten Managern, die selbstbewusst widersprechen, wird mit Misstrauen oder Mobbing begegnet.

4. Kein Vertrauen in andere
Mikromanagement statt Delegation. Abgeschlossen im eigenen Zimmer werden Präsentationen für die Gesellschafter erstellt, ohne die Einbindung des Managementteams zu suchen. 

Ein guter Manager dagegen sucht das Gespräch mit allen, er schafft eine Kultur, die aus Fehlern lernt. Er spornt seine Mitarbeiter an, Herausforderungen zu suchen und schafft eine bewusste Fehlerkultur.

Mittwoch, 11. Oktober 2017

Outperformance mit Aktien erzielen

Billig schlägt den Markt. Viele empirische Studien belegen dies (s.u.). Wir selbst haben mit dieser Strategie in den letzten 4,5 Jahren den DAX um rund 4 % p.a. geschlagen. Wie so oft liegt die Schwierigkeit in der Umsetzung. Aktientitel, die von den Kennzahlen her billig erscheinen, wirken auf den ersten Blick abstoßend. Häufig sind diese Titel oder Branchen mit Recht vom Markt abgestraft worden. Allerdings in der Regel zu stark. Gute Namen und attraktive Branchen sind dagegen tendenziell zu hoch bewertet, wenn man die wichtigsten Kennzahlen vergleicht. Das Gleiche gilt übrigens im Private Equity: ein Maschinenbauer, der Anlagen zur Herstellung von Pharmaerzeugnissen herstellt, ist unter Umständen doppelt so teuer wie ein ähnlicher Maschinenbauer, der andere Branchen bedient.

Unser Japanportfolio zeigt, wie Aktien mit ähnlichem Profil (starke Exportnation wie Deutschland) oft irrational anders bewertet sind. In der Regel verschwinden diese Unterschiede nach einiger Zeit wieder aufgrund des "Reversion to the mean" Effektes.  Dabei bieten japanische Aktien den Vorteil, dass die Namen nicht vorbelastet sind und man deswegen einfacher allein nach Kennzahlen die Aktienauswahl treffen kann.

Wie sind wir dabei vorgegangen? Wir haben in regelmäßigen Abständen mit gleicher Gewichtung eine Auswahl von japanischen Aktien gekauft, die wir aufgrund ausgewählter Kennzahlen ausgesucht haben:
-         EBIT Multiple (unter 5)
-         ROE (über 12 %)
-         Geringe Verschuldung
Keine Unregelmäßigkeiten in den 10 Jahreszahlen (Forderungen/Verbindlichkeiten, Lieferungen/Leistungen im richtigen Verhältnis zur Bruttomarge, Cash Flow entspricht Gewinnen, Buchwertzuwachs entspricht grob der Eigenkapitalrendite minus der Dividenden).


Schwieriger als der Kauf ist der Verkauf. Hier sollte man möglichst schematisch vorgehen, um die eigenen Vorurteile (z.B. die Angst, Verluste zu realisieren) zu überwinden. Unsere Strategie ist, wir verkaufen, wenn das EBIT Multiple bei 10 oder darüber liegt oder wenn das EBIT stärker zurückgeht. Auch gehen wir kurz vor Jahresende unser Portfolio durch, um Verlustbringer zu verkaufen (wenn sich die Kennzahlen verschlechtert haben). Dies bringt den Vorteil mit sich, dass wir steuerlich Verluste machen, die wir mit unseren realisierten Steuergewinnen des Jahres verrechnen können.

Tendenziell erfüllen eher kleine Unternehmen unsere Kriterien (Marktkapitalisierung unter EUR 300 Mio.). Allerdings hat die Qualität der Aktien im Laufe der Zeit stark abgenommen, da die Bewertungen auch in Japan gestiegen sind. Unser Japanportfolio (30 Titel mit einer Haltedauer von 1,5 Jahren und 21 % im Plus) weist per 11.10.17 folgende Kennzahlen im Vergleich zu den 30 DAX Unternehmen auf:
-         Enterprise Value/EBIT  5,1 (14,1)
-         KGV  10 (16)
-         Buchwertwachstum 5 Jahre  13 (2,7)
-         Dividendenrendite  2 (2)
-         ROE 5 Jahre  13,7 (12,3)
-         Preis/Buchwert  1,2 (1,7)
            (DAX in Klammern)

Die japanischen Unternehmen sind fast 2/3 billiger (zugegeben: Sie sind kleiner), sind aber mindestens ebenso gut wie die deutschen DAX Unternehmen. Die Eigenkapitalrendite ist höher, obwohl die Unternehmen hohe Nettokassenbestände (deswegen auch das niedrige EBIT Multiple) aufweisen, die sicherlich nicht nötig sind. Diese erhöhen die Bilanzsumme und das Eigenkapital - damit reduziert sich auch die Kapitalrendite ("ROE"). Basis sind übrigens immer die Ergebniszahlen der letzten 12 Monate und nicht die (in der Regel zu hoch geschätzten) Ertragserwartungen!

Literaturempfehlungen:
Tweedy Brown: What worked in investing (free)
Gray/Carlisle: Quantitative Value
Greenblatt: The little book that still beats the market


Montag, 9. Oktober 2017

Wie wählen wir Geschäftsführer aus?

"Eine fast unlösbare Aufgabe", so oder ähnlich beschreiben wir die Geschäftsführerrolle in unseren Anzeigen, damit sich nur die qualifiziertesten Bewerber angesprochen fühlen. Wir haben in den letzten 15 Jahren rund 40 Firmen erworben und dabei sehr häufig die Geschäftsführer gewechselt, oft mehrmals. Zu Anfang hatten wir viele Fehlbesetzungen und einen mangelhaften Interviewprozess. Im Laufe der Zeit sind wir etwas besser geworden.

Wir stellen immer die gleichen Fragen im ersten Telefoninterview:
Mit welchem Ziel wurden Sie eingestellt?          
Was sind die Ergebnisse, auf die Sie am meisten stolz sind?        
Was waren ein paar Fehlschläge?          

Mit wem haben Sie gearbeitet:          
Chefs  - wie war es für ihn zu arbeiten? 

Was wird er mir sagen, wenn wir ihn anrufen? 

Was sind ihre größten Stärken und Schwächen?         
Teams - wie stark war Ihr Team? 

Haben Sie Dinge geändert? Entlassen? 

Wie würden Sie Ihr Team beurteilen, nachdem Sie gegangen sind?          
Warum haben Sie den Job verlassen?          
          
Dabei versuchen wir, monetäre Ergebnisse der Arbeit zu ermitteln (nicht: Wir haben einen Turnaround geschafft, sondern: wie hat sich die EBIT-Marge entwickelt? Wie die Verschuldung?).

Wir versuchen mindestens 8 Stärken und Schwächen zu erfragen. Fragen immer wieder nach und versuchen insbesondere Fehler zu diskutieren (um zu sehen, ob der Kandidat lernfähig ist). Wir nutzen dabei die Topgrading-Methode: How To Hire, Coach and Keep A Players (B. Smart, G. Smart). Dabei versuchen wir beim Gespräch neugierig zu bleiben. Wir laden den Kandidaten nur ein, wenn wir im Gespräch den Eindruck gewonnen haben, die oder den "Einen" gefunden zu haben.

Wir machen nach Abschluss der Interviews immer Referenzanrufe. Diese machen wir natürlich selbst und möglichst zahlreich. Wir telefonieren auch mit Personen, die der Kandidat selbst nicht als Kontakt angegeben hatte. 

Dabei stellen wir die folgenden Fragen:
In welchem Zusammenhang haben Sie mit ihr/ihm gearbeitet?   
Größten Stärken/wichtigste Schwächen damals?   
Rating 1-10-warum?   
Würden Sie ihn/sie wieder einstellen?

Dabei sprechen wir spezifische Punkte an und konzentrieren uns auf die Schwächen. Manchmal stellt sich bei Nachbohren gerade bei der letzten Frage heraus, dass etwas vorgefallen ist, was auch für uns ein No-Go bedeutet.   

Unterbewertete Europäische Banken - einige Ideen...

Sicherlich nicht die Deutsche Bank. Zwar notiert sie aktuell mit knapp 30 Mrd. Marktkapitalisierung nur zum 0,4-fachen des Buchwertes (=Eigenkapital). Allerdings beträgt das Eigenkapital* mit 70 Mrd. nur 4,4 % der Bilanzsumme von 1,6 Billionen. Viel zu niedrig. Speziell wenn man sich mit dem Geschäftsmodell beschäftigt, das mehr einem gigantischem Hedgefund gleicht. Und keine Ähnlichkeit mehr zu einer traditionellen Bank aufweist, die sich auf Kontoführung und Kreditvergabe konzentriert. Die Deutsche Bank hat in den letzten 2,5 Jahren eine Eigenkapitalrendite ("ROE") im negativen Bereich erwirtschaftet und in den letzten 10 Jahren durchschnittlich gerade mal 2 % geschafft. Trotz oder gerade wegen der überdimensionierten Risiken, die die Bank eingegangen ist!

Unterstellt man einen fairen Marktzins von 8 % wäre der angemessene Preis der Deutschen Bank damit 25 % des augenblicklichen Buchwertes - vorausgesetzt die Eigenkapitalquote würde risikoadäquat bei 15-20 % liegen. Bei der augenblicklichen Rendite würde es ohne Kapitalerhöhung und Dividenden 144 Jahre dauern, bis das Eigenkapital vervierfacht wäre und 16 % der Bilanzsumme entspräche. Allerdings nur, wenn die Bilanzsumme in der Zwischenzeit nicht wächst (unausweichlich bei steigenden Einnahmen, die wiederum mit zusätzlichem Eigenkapital besichert werden müssen). Für war eine unlösbare Aufgabe für das Management der Bank!

Dagegen gibt es eine ganze Reihe von europäischen Banken (zumeist regionale), die
1. eine Eigenkapitalquote von 13 bis 15 % aufweisen und die
2. trotzdem eine Eigenkapitalrendite ("ROE") von teilweise 8 % oder mehr erwirtschaften.

Die folgende Übersicht zeigt einige europäische Banken, deren Aktien wir gegenwärtig halten:

Die durchschnittliche Rendite (Dividende und Buchwertwachstum) z.B. bei der Regionalbank Credit Agricole Brie ("CAB") beträgt 10,8 %. Trotzdem ist die Aktie nur mit dem 0,45-fachen des Buches bewertet - etwa so hoch wie die Deutsche Bank! 

Und das, obwohl:
1. beim aktuellen Aktienpreis die Dividendenrendite 5,5 % beträgt (die Deutsche Bank zahlt 2,4 % - holte sich aber das Geld via Kapitalerhöhungen von den Aktionären zurück)
2. das Eigenkapital fast 3-mal höher ist als bei der Deutschen Bank
3. das regionale Kreditgeschäft (ohne große Ausfallraten selbst in der Finanzkrise) viel risikoloser ist
4. der Buchwert in den letzten fünf Jahren um über 5 % p.a. gestiegen ist (und nicht wie bei der Deutschen Bank trotz vieler Kapitalerhöhungen gefallen ist)

Allerdings sollte man beachten, dass das Ertragswachstum nicht schrittgehalten hat mit dem Buchwertwachstum. Der ROE ist in den letzten 5 Jahren aufgrund der niedrigen Zinsen und der gesunkenen Zinsspanne von 7 auf 5 % gesunken. Die Bank steckt außerdem im Haftungsverbund mit anderen Regionalbanken und der Credit Agricole selbst (die allerdings im Gegensatz zur Deutschen Bank in den letzten Jahren deutlich profitabel gearbeitet hat). Sollten die Zinsen steigen, dann wird die Bank sicherlich wieder die historische Bewertung von dem 0,8-fachen des Buches erreichen wie vor der Finanzkrise. Die Dividendenrendite bei Credit Agricole Normandie beträgt übrigens aktuell 4,2% - hier weißt die Capital IQ Tabelle keine Zahl aus.

Noch besser sind die skandinavischen Sparkassen, wie z.b. die SpareBank 1 Nord-Norge. Hier liegt die durchschnittliche Eigenkapitalrendite bei 11 % und die Bank wächst stark, was noch besser ist. Die Höhe des Eigenkapitals ist mit 12 % angemessen, angesichts des traditionellen Kreditgeschäftes. Trotzdem handelt die Aktie nur zu 56 % vom Buchwert. Angemessen wäre ein Preis von mindestens dem 1,4-fachen des Buches (11 %/8 %) - allerdings ohne das Wachstum richtig einzupreisen.



*wir sprechen hier vom wirtschaftlichen Eigenkapital gemäß Geschäftsbericht, nicht den Basel I,II,II Mogeleien, wo die Banken selbst entscheiden können, wieviel Eigenkapital welches Geschäft benötigt - im Zweifel gar keins! So sind dann für  2/3 aller Bankgeschäfte überhaupt kein Eigenkapital erforderlich- jedenfalls gemäß der nach Basel II dann ausgewiesenen 12% Eigenkapitalquote für die Europäischen Großbanken.

Freitag, 6. Oktober 2017

Wie wir in Aktien investieren..

Aus unserem Aktionärsbrief vom Juni 2017:


1. Versteckte Juwelen
Hierzu gehört z.B. die im Zeitraum März 2015 bis Februar 2016 erworbenen El. En Aktien von einem Unternehmen, das Laseranlagen (insbesondere für medizinische Anwendungen z.B. Entfernungen von Tattoos) herstellt. Wir hatten für rund EUR 2 Mio. Aktien erworben. Der Unternehmenswert war unserer Meinung nach günstig: Er betrug weniger als das 7-fache des operativen Gewinnes (EBIT), trotz einer Eigenkapitalrendite von 10 % und eines EBIT Wachstums von rund 8 % p.a. in den letzten 5 Jahren. Warum war der EBIT Multiplikator trotz des Wachstums der Gesellschaft so niedrig? Zum einen gab es im Februar 2016 eine Schwächephase im Markt, vorwiegend bei italienischen Titeln, des Weiteren enthielten die offiziellen Zahlen noch nicht den Verkaufserlös von Anteilen an einer amerikanischen Aktiengesellschaft (Cyanusure). Mittlerweile haben wir die Aktien mit einem Gewinn von EUR 2,64 Mio. verkauft. Leider findet man solche Juwelen selten und im Nachhinein betrachtet haben wir hier natürlich viel zu wenig investiert.

2. Weltweit billige Aktien
Viele Aktien weltweit sind nicht grundlos billig, da sie politischen und/oder Währungsrisiken unterliegen und häufig zyklisch sind. Letztendlich sind solche Beteiligungen eher spekulativ, da eine sorgfältige Analyse in der Regel nicht möglich ist. Wir haben es trotzdem versucht und damit im Durchschnitt Geld verloren. Allerdings kann man mit einem verfeinerten Filter (kostenlos und gut z.B. „Global FT Screener“) durchaus Geld verdienen, wie unsere weiteren Investitionen gezeigt haben.

So haben wir z.B. erfolgreich nach folgenden Kriterien gefiltert: Entwickelte Industrieländer mit niedrigem EBIT-Multiplikator <7 und dauerhaft hoher Eigenkapitalrendite (>12 %) bei gleichzeitig geringer Verschuldung (< 50 % Eigenkapital). Wir haben hier in regelmäßigen Abständen jeweils zehn solcher Werte mit gleicher Gewichtung gekauft. Dabei haben wir Immobilien, Bank- und Rohstoffwerte ausgeklammert und je nach Land eine bestimmte Höchstzahl von Werten festgelegt. In den letzten Jahren überwiegen dabei kleinere japanische Unternehmen aufgrund der im internationalen Vergleich sehr hohen Kassenbestände, die den Unternehmenswert (Marktkapitalisierung zuzüglich der Nettokasse) erhöhen.

Wenn man die Gesellschaften nicht gut genug einschätzen kann, sollte man z.B. Aktien, die eine vorher bestimmte Verlustschwelle überschreiten (z.B. -30 %) einfach verkaufen, Gewinnbringer sollte man dagegen laufen lassen. Leider halten wir uns nicht immer daran. Da wir grundsätzlich lieber mit Wertabschlag kaufen, fällt es uns schwer, Aktien von Unternehmen, die ihren fairen Wert erreicht haben, nicht einfach zu verkaufen. Den fairen Wert sehen wir für Unternehmen, die kaum wachsen bei einem EBIT Multiplikator von 10.

3. Qualitätsaktien
Idealerweise hält man nur Aktien, die dauerhaft eine Überrendite erzielen können (z.B. ROE 12 % und darüber) und die gleichzeitig die Möglichkeit haben, Gewinne zu reinvestieren und damit Wachstum zu erzielen. Bedauerlicherweise werden diese Aktien in der Regel deutlich zu hoch gehandelt. Diese kann man eigentlich nur nach Gewinnwarnungen oder in Marktschwächephasen (wie zuletzt im Februar 2016) kaufen. Hier bietet sich an, eine Liste mit interessanter Firmen auf Wiedervorlage zu legen (das Internet bietet hier leicht die Möglichkeit, mit E-Mailbenachrichtigungen zu arbeiten). 

4. Holdinggesellschaften 

Unserem eigenen Geschäftsmodell sind Holdinggesellschaften wie Berkshire Hathaway oder Brederode am Nächsten. Hier kommt es regelmäßig zu stärkeren Unterbewertungen, da die Börsenbewertung nur auf die aktuellen Ergebnisse und das erwartete Gewinnwachstum abstellt. Da Beteiligungsgesellschaften aufgrund der Käufe und Verkäufe schwankende Gewinne haben, sind diese tendenziell eher unterbewertet (außer sie bewerben stark die eigene Aktie).

Entscheidend ist unserer Meinung nach, ob die Gesellschaft neben einer Dividendenrendite ein Wachstum des Eigenkapitals bzw. des Nettobeteiligungswertes je Aktie erzielt. Dabei sollte man prüfen, wie vorsichtig dieser vom Management ermittelt wird. Interessant sind solche Werte, die, wie z.B. Brederode SA, in den letzten fünf Jahren bis 2016 trotz einer Dividendenrendite von rund 1,5 % ihren Buchwert je Aktie um 10,6 % gesteigert haben. Ein Aktionär erzielt damit eine Rendite von 12 %, obwohl die Aktie aktuell zu 20 % Abschlag vom Buchwert zu kaufen ist. Bleibt die Rendite nachhaltig erzielbar, wäre bei einer langfristig zugrunde gelegten Marktrendite von 8 % ein Zuschlag von 50 % zum Buchwert angemessen. Ein gutes Indiz ist ferner, dass das Management von Brederode diese Beurteilung teilt und jedes Jahr eigene Aktien zurückkauft (warum soll man als Management fremde Aktien kaufen, wenn man die eigenen viel besser kennt und diese mit deutlichem Abschlag gehandelt werden).

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Wie kaufe ich meine erste Firma?

Fange mit Dir selbst an:
- Was möchtest Du im Leben erreichen?
- Kopiere die, die es geschafft haben (frag sie einfach, wie sie es gemacht haben ... jeder erzählt gerne von sich und sucht Anerkennung)
- Siehe es als ständigen Verbesserungsprozess an
- Setzt Dir ein ehrgeiziges Ziel (unseres lautete z.B. EUR 500 Mio. Umsatz in 5 Jahren zu erreichen)
 
(Buch: Covey, 7 skills of highly succesful people)
 
Akzeptiere dabei:
- Dass Du Fehler machen wirst (wenn Du Perfektion suchst, fängst Du nie an: Ich schätze unsere Fehlerrate auf 50 %)
- Widersprüche (nicht aufgeben, aber flexibel bleiben)
- Absage (jede Absage bringt Dich ein Schritt näher zum Ziel und bietet Dir die Chance, etwas dazuzulernen)
- Lerne von den Fehlern Anderer und vermeide teure Fehler (zumindest, wenn Du sie Dir noch nicht leisten kannst)
- Siehe alles als ein Spiel
 
Lerne:
- Recherchiere Erfolgsstrategien (Biografien, Zeitungsartikel, Erzählungen)
- Tue so, als wäre der Erfolg schon eingetreten
- Zuhören (die wichtigste Eigenschaft)
- Entwickele und teste Thesen (z.B. E-Mails, Art der Ansprache)
 
Erfolgreiche Kommunikation:
- Spiegele Sprachweise anderer (und gewinne damit Vertrauen)
- Rede mit Dir selbst immer positiv (und verhandele Dich nicht selbst runter)
- Schaffe ein Erfolgsanker (stell Dir eine erfolgreiche Situation vor, kneife Dich dann und jedes Mal wenn Du Dich wieder an der gleichen Stelle kneifst, ruft Dein Körper das Gefühl zurück)
- Kommunikation ist das, was bei anderen ankommt
- Lerne zu kommunizieren (Dein Leben hängt davon ab)
 
(Buch: Caldini: Power of Persuasion; Anthony Robbins: Unlimited Power, Awakening the Giant)
 
Erfolgsstrategien:
- Industrieller Ansatz (schieß mit der Schrotflinte, es ist ein Spiel von Wahrscheinlichkeiten)
- Fokus auf "Momente der Wahrheit" (Dein Webauftritt, Dein Auftreten)
- Nimm den Telefonhörer ab
 
Die Kunst des 1 Euro Deals:
- Mindestens 20 % aller Transaktionen sind EUR 1 Deals
- Suche Verkäufer, die einen Grund haben, die Firma abzugeben (z.B. Ergebnisabführungsverträge, die automatisch Verlustübernahmen mit einschließen und bei Entlassungen in Konzernen zu exorbitanten Kosten führen, da es keine Deckelung gibt)
- Wenn das "Current Trading" gut ist, dann ist das schlecht für Dich (ein Grund weniger, die Firma für EUR 1 abzugeben)
- Jedes Problem, was Du übernimmst, ist Teil des Kaufpreises (z.b. zu viel Personal ist ein Teil des gezahlten Kaufpreises)
- Fokus der Due Diligence ist es Probleme zu finden, aber nicht um den Deal abzusagen, sondern als Argument den Kaufpreis zu verringern!
 
(Goldstein: How to buy a business with no cash down)
 
Due Diligence:
- Mach sie immer selbst (so lernst Du am meisten über das Geschäft)
- Erstelle eine Cash Flow Rechnung für die nächsten Monate (fehlt meistens in den Datenräumen), sammele (erfrage) alle Informationen dazu, z.b. überfällige Lieferantenrechnungen, Rückstellungen für Boni, die jährlich einmal gezahlt werden müssen
- Überprüfe im Prozess (dauert typischerweise 3-6 Monate) laufend das aktuelle Ergebnis ("Current Trading") und den Auftragseingang ("AE")
 
Häufige Fehler:
- Cash Zyklus im Geschäft nicht verstanden (wie lange sind Zahlungsziele, wie lange bis die Vorräte abverkauft werden, Zahlungsziele bei Lieferanten)
- Auftragseingangshistorie und Rückgänge im AE übersehen
- Zu wenig Misstrauen dem Verkäufer gegenüber
 
Wenn Du doch Kaufpreis zahlen solltest:
- Zahle nur für profitables Geschäft und nicht für Deinen eigenen Arbeitseinsatz (beim Turnaround)
- Zahle nie mehr als das 5-6x operatives Ergebnis (EBIT), dies entspricht (bei 30 % typischer Steuerquote) dem 8-fachen des Nachsteuerergebnisses - eine Sicherheitsmarge von mehr als 30 % auf das 12-fache Nettoergebnis als fairen Wert
- Kaufe Unternehmen mit EUR 1 Mio. bis 3 Mio. EBIT (darunter lohnt sich die Arbeit nicht, z.b. für Bankenfinanzierung und Mittelbeschaffung, darüber ist Wettbewerb zu hoch)
 
(HBR Guide to Buying a Small Business (HBR Guide Series),Ruback, Royce Yudkoff)
 
 
Wie Du die Transaktion verhandelst:
 - Da die meisten Investment-Memo`s (Kaufprozess für Firmen läuft ähnlich ab wie für Immobilien) Hockeysticks enthalten (i.e. obwohl die Firma historisch kein Geld verdient hat, soll sie es in der Zukunft tun) musst Du zunächst Kaufpreis bieten (um in die nächste Bieterrunde zu kommen)
- Nutze dann das aktuelle Ergebnis um den Kaufpreis nach unten zu verhandeln
- Ruf den Firmenmakler möglichst häufig an (um Gefühl für Kaufpreis und Ranking zu bekommen)
- Vermeide es, Zusagen zu geben, die Du nicht einhalten willst (vermeide "CiC" - Verletzung vorvertraglichen Vertrauensverhältnis)
- Auch Zusagen im Prozess selbst können hinterher rechtlichen Bindungscharakter haben, wenn sie "absolut" sind und keine Einschränkung enthalten, wie z.B. Abhängigkeit von Gremienvorbehalten (Ehefrau, Finanzierung) oder Due Diligence
 
(Dawson: Secrets of Power Negotiations)
 
Auf jeden Fall vermeide:
- Jede Art von persönlicher Garantien (im Transaktionsfieber werden diese viel zu leichtfertig gegeben)
- Eine Insolvenz ist nicht gut (sie senkt möglicherweise Dein Selbstbewusstsein) ist aber kein Weltuntergang (Arbeitsplätze werden oft noch gerettet durch den Insolvenzverwalter), falls doch eine persönliche Garantie gegeben worden ist, schon!
- Vergiss nicht: die Schulden sind in der Firma (der GmbH) nicht bei Dir, ohne Ringfencing (i.e. limitierte Haftung) wären wir immer noch im Mittelalter (Venedig hat die GmbH als Gesellschaftsform erfunden und ist damit zur reichsten Stadt des Mittelalters geworden, der Verfall setzte ein, als diese wieder abgeschafft worden ist)
 
(Sapiens: A Brief History of Humankind von Yuval Noah Harari)

Mittwoch, 4. Oktober 2017

In diesem Monat gehe ich wieder elf Tage ins Kloster...

Was mache ich eigentlich für den Rest Deines Lebens? Gibt es überhaupt einen Sinn? Meine persönliche Krise kam vor gut zwei Jahren ...

Ich habe - wie immer - probiert, mich, wie Münchhausen, selbst mit dem Schopf aus dem Sumpf zu ziehen ... Bücher lesen half allerdings diesmal nicht weiter. Zuerst habe ich Zen probiert. Immer bis 10 zählen und dann wieder von vorne anfangen. Das hat bei mir jedoch nicht geklappt. Dann Vipassana Meditation. 10 Tage still sitzen und schweigen. Letzteres ist kein Problem, da die Gespräche im Kopf unterhaltsam genug sind. Beim ersten Mal habe ich es allerdings falsch verstanden. Ich dachte, ich könnte das Glück gleich finden, wenn ich jeden Tag meinen Bodyscan mache. Leider habe ich das ganze wie ein Soldat betrieben: ziemlich verbissen habe ich versucht, jeden Tag eine Stunde zu meditieren. Bis mir meine Frau sagte: Du siehst beim Meditieren immer so unglücklich aus!

Beim nächsten Klosteraufenthalt habe ich dann mein Gesicht beobachtet. Davor hatte ich bei meinem Bodyscan immer das Gesicht ausgelassen, weil ich dort nichts gespürt hatte. In der Tat merkte ich nach einer Weile, dass mein Gesicht total verspannt war. Nach ein paar Stunden des Beobachtens (keine Sorge, es gibt auch Pausen), fing ich an, Krämpfe im Gesicht zu bekommen. Dann plötzlich haben sich meine Muskeln entspannt und ich konnte seit Jahren zum ersten Mal wieder richtig lächeln. Dann habe ich es verstanden: Sich glücklich zu fühlen, ist nicht egoistisch. Im Gegenteil, Buddha predigte, dass Du erst anderen Menschen wirklich helfen kannst, wenn Du selbst glücklich bist. Dazu musst Du zuerst mit Dir selbst ins Reine kommen. Das Glück entsteht nur im eigenen Innern und hängt nicht von Deinen äußeren Umständen ab.

Jetzt fange ich jede Meditation damit an, mich bewusst zu entspannen (mit halb geöffneten Mund durch den Mund ein- und ausatmen geht am besten), bevor ich mit der Reise durch den Körper beginne. Und am Schluss wünsche ich mir und allen Menschen Glück und Freiheit. Manchmal stelle ich mir auch eine bestimmte Person vor und wünsche ihr alles Gute. Dabei fühle ich mich richtig gut. Ein Gefühl, was mich mehr und mehr begleitet.

Dienstag, 3. Oktober 2017

Was antworten Politiker eigentlich auf Emails?

Ein paar Wochen vor der Wahl hatte ich unseren letzten Aktionärsbrief mit dem Motto "Was tun?" an einige Spitzenpolitiker der Parteien geschickt. Geantwortet haben allerdings nur Herr Lindner (ausführlich) und Herr Schulz:


Sehr geehrter Herr Scholz,

besten Dank für Ihre Nachricht. Eine ganze Reihe von Punkten Ihrer Analyse kann man nur unterstreichen, andere wären eine längere Diskussion wert.

Zu Ihren Maßnahme-Vorschlägen: Ein Negativ-Steuersystem begrüßen und fordern wir. Wir nennen das "Bürgergeld". Es ist auch ein Weg, Menschen schrittweise aus der Arbeitslosigkeit zu führen. 

Jetzt trennen sich unsere Wege: Denn sehe ich auch darüber hinaus bei höheren Einkommen die Notwendigkeit, bei Steuern und Sozialabgaben die Belastung zu reduzieren. In der Mittelschicht müssen die Asset-Klassen Immobilie (nicht überall haben wir eine Blase) durch Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer und Wertpapier (durch Schaffung einer steuerfreien Spekulationsfrist) attraktiver werden. Wie Sie richtigerweise sagen, darf die Sparquote nicht in Richtung von Staatsanleihen und Sparbuch gehen. Dies alles wäre ein Beitrag, um die Vermögensverteilung zu korrigieren.

Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge überzeugen mich noch nicht. Die Bedingungen für private Investitionen, an denen es hierzulande mangelt, werden dadurch nicht besser. In den öffentlichen Haushalten wird bereits stark investiert, da sind wir im Hoch-  und Tiefbau bald an der Auslastungsgrenze. Eine beliebige Erhöhung gelingt nicht. Auch konjunkturpolitisch ist zu fragen, ob man jetzt noch weiter auf dieses Gaspedal treten sollte. Ich persönlich befürworte es, aber in bestimmten Bereichen: Digitalisierung der Schulen, Glasfaserausbau. Finanzieren würde ich über einen Verkauf von Post und Telekom aus dem Staatsbesitz.

Beim Euro lehne ich Ihren Therapievorschlag Transferunion ab. Ich sehe auch nicht, dass es den schwächeren Mitgliedern an Kapital fehlen würde. Die Programme aus Brüssel werden nicht abgerufen. Die Investitionsbedingungen stimmen nicht. Aber keinen dauerhaften Finanzausgleich. Den Austritt aus dem Euro wünscht sich aber ebenfalls niemand. Deshalb muss es einen dritten Weg geben, die Regeln der Euro-Zone wieder verbindlich zu machen, Staateninsolvenzen zu regeln etc. ("Saures") und ggf. gemeinsame Investitionsfonds zu schaffen, die aber zweckgebunden Investitionen finanzieren ("Süßes").

Viel mehr wäre zu schreiben, aber nun landet mein Flugzeug. Betrachten Sie dies als ein unvollkommendes Feedback auf Ihre Gedanken, damit Sie in etwa ahnen können, wo wir in dieser Debatte stehen.

Beste Grüße
Christian Lindner

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Christian Lindner MdL 

Bundesvorsitzender der FDP

Vorsitzender der Landtagsfraktion und 
des Landesverbands der FDP in NRW

Landtag Nordrhein-Westfalen
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf

Lieber Herr Scholz, herzlichen Dank für Ihren Aktionärsbrief. Martin Schulz hat mich gebeten, Ihnen dafür zu danken und Sie herzlich zu grüßen. Lassen Sie mich die Antwort mit einem Satz zusammenfassen: interessant. Herzliche Grüße Hermann Zimmermann



  HERMANN ZIMMERMANN

  stv. Abteilungsleiter
  Abteilung Politik
  Referatsleiter Nachhaltige Wirtschaft 
  Referent für Wirtschafts- und Verkehrspolitik
  

 
   SPD-Parteivorstand
   Willy-Brandt-Haus
   Wilhelmstraße 141
   10963 Berlin 

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