In 2006
erwarben wir für EUR 5 Mio. Steeltech, ein Unternehmen mit einem operativen
Gewinn von 2,5 Mio. Der Gewinn stieg nach der Übernahme prompt (und ohne unser Zutun)
auf 5 Mio. Das war bis dato das erste Mal, dass wir einen Kaufpreis bezahlten.
Leider blieb es nicht bei den Gewinnen: der einzige Kunde meldete Volumen ab, da der Auftragseingang
unter dem eigenen Verkauf gelitten hatte. Wir drängten unsern französischen
Geschäftsführer, die Personalkosten (als Hauptkostenfaktor) zu senken. Er
weigerte sich jedoch mit dem Argument: "Ihr habt Euch bei den Gewinnen
schöne Dividenden ausgezahlt (was stimmte) und jetzt soll das Personal
leiden!"
Wir setzten
ihn daraufhin ab. Er stellte einen Insolvenzantrag für die Gesellschaft trotz
hoher Kassenstände und freier Kreditlinien (die Gesellschaft war schuldenfrei).
Er konnte dies tun, da er noch nicht aus dem Handelsregister ausgetragen war.
Wir versuchten, unserm neu eingesetzten Geschäftsführer Zutritt zu dem
Unternehmen zu verschaffen, wurden aber von dem Personal mehr oder weniger
nachdrücklich (unter Abnahme der Laptops) vor die Tür gesetzt. Die
herbeigerufene Polizei weigerte sich, uns zu helfen; die Mitarbeiter standen
drohend hinter dem verschlossenen Werktor.
Wir legten
erfolglos Widerspruch gegen den Insolvenzantrag ein. Im Nachgang verkauften wir
die Gesellschaft dann für einen Euro an den französischen Geschäftsführer, der
die Mitarbeiter zu einem geringen Anteil beteiligte. Er ließ sich von der französischen
Lokalpresse als Freiheitsheld feiern. Unser Aktienkurs (wir hatten gerade den
IPO gemacht) fiel drastisch. Wir hatten uns bis dahin wie die Könige des
Universums gefühlt. Wir waren stolz darauf, dass die Börse unsere
Sanierungstätigkeit mit einem starken Aufschlag zu dem Substanzwert unserer
Beteiligungen honorierte. Jetzt gerieten wir in eine ernsthafte Sinnkrise. Wir
versuchten, mit einer Pressekampagne unsern Börsenkurs zu stützen, was uns
nicht gelang. Negative Meldungen verkaufen sich einfach zu gut.
Nach langen
Überlegungen entschlossen wir uns, das Dasein als Aktienkursjunkies aufzugeben
und uns stattdessen zum Valueinvestor zu wandeln: Statt Pressemeldungen und
Kapitalerhöhungen jetzt Schweigen und Aktienrückkäufe. Wenn die Börse unsere
Arbeit nicht honoriert, wissen wir selbst, wie gut wir sind! Gleichzeitig
entschieden wir uns, weiterhin in Frankreich zuzukaufen (es wurde unser
erfolgreichster Markt). Diesmal aber mit mehr Sensibilität für die
französischen Eigenheiten. Wir entwickelten uns zu Spezialisten dafür, dass die
Belegschaften der Übernahme durch die BAVARIA jeweils zustimmten. Das
französische Aktienrecht sieht vor, dass die Belegschaft bei geplanten
Übernahmen abstimmen kann. Sie können mit einem Nein die Transaktion zwar nicht
stoppen. Sie können sie aber möglicherweise anfechten, wenn man nicht darlegen
kann, dass die Belegschaft ausreichend informiert worden ist.
Im
Nachhinein war es das Beste, was uns passieren konnte. Statt Getriebene zu sein
von der Entwicklung des Aktienkurses, konnten wir uns stückweise von allen
Zwängen befreien und nach und nach unsere Unabhängigkeit entwickeln. Es dauerte
aber ein paar Jahre bis wir das selber so positiv sahen...