Montag, 6. November 2017

Wie war es im Kloster?

Das Sitzen war genauso qualvoll wie die beiden Male davor. Die ersten sieben Tage hatte ich zur Abwechslung fünf Stunden Karotten in der Küche geschnippelt. Eine heilsame Erfahrung. Allerdings waren wir im Laufe der Zeit zu viele freiwillige Helfer geworden. Meine Versuche, die Prozesse zu verbessern, stießen dabei auf Ablehnung. Einmal mehr musste ich die Erfahrung machen, dass sich die Arbeit immer auf die verfügbare Zeit ausdehnt. Gibt es wenig zu tun, wird alles ein wenig umständlicher bzw. langsamer erledigt.

Also zurück zum zehnstündigen Meditieren in der Halle ohne die Küchenarbeit. Beim Vipassana- Meditieren lernt man zwei Dinge: Sich zu konzentrieren und Gleichmut zu entwickeln. Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, hilft bei allem im Leben. Insbesondere auch bei Entscheidungen unter großer Unsicherheit, wie es das Investieren nun einmal ist. Das eigentlich Besondere dabei ist aber die Gleichmut, die man entwickelt, wenn man die Schmerzen des langen Sitzens erduldet. Auch löst das Beobachten des eigenen Körpers beim sogenannten "Body scan" zu Anfang erst einmal starke Schmerzen und unangenehme Empfindungen aus. Egal, ob es sich dabei um Verletzungen aus der Vergangenheit oder gespeicherten Ärger handelt: Wenn man eine Weile zuschaut, verschwindet der Schmerz wieder. Alles vergeht. Nichts ist von Dauer.

Dem Glück des Menschen stehen zwei Dinge entgegen: Das Verlangen und der Ärger, wenn die Dinge nicht so sind, wie sie sein sollen. Selbst wenn man sich vornimmt, frei davon zu sein, wird man immer wieder von seinen im Unterbewusstsein gespeicherten Empfindungen übermannt. Und man regt sich trotz aller besten Vorsätze wieder auf, wenn zum Beispiel der Partner etwas Falsches sagt. Dieses sich Aufregen wird im Körper gespeichert und beim nächsten Mal wieder unbewusst abgerufen, was zu einer Vervielfältigung des Elends führt. Abgesehen davon, dass sich durch das eigene Aufregen der andere natürlich hinterher auch schlecht fühlt. Eine Kette ohne Ende. Beobachtet man dagegen mit Gleichmut den eigenen Körper, lösen sich die Verspannungen und man bekommt die Chance, sich in Zukunft einmal weniger aufzuregen.


Im positiven Sinne hatte ich den Körper als Speicher für mein Selbstbewusstsein genutzt, eine Technik, die ich dem NLP entnommen hatte. Immer wenn ich für eine Verhandlung Selbstbewusstsein brauchte, kniff ich mich an einer bestimmten Stelle, nachdem ich dies Gefühl entsprechend vorher verankert hatte. Das geht einfach so: Man stellt sich eine Situation aus der Vergangenheit vor, in der man voller Selbstbewusstsein war und setzt sich dann im Körper einen Anker. Immer wenn nötig, kann man dann später - wie der sprichwörtliche Pawlow'sche Hund - eine entsprechende Reaktion abrufen.

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