Montag, 16. Dezember 2024

Was ist das wichtigste beim Investieren?

Seitdem ich die Investorenkonferenz ValueX in Klosters besuche, habe ich viele hoffnungsvolle Investoren kennengelernt. Erst liebäugeln sie mit der Idee eine Investmentfirma zu gründen, nach ein paar Jahren schlechter Performance schließen sie die Gesellschaft wieder. Was muss ich tun, um erfolglos zu bleiben?

Immer bin ich auf der Suche nach Gewinnern und jage nach der nächste Microsoft oder Nvidia. Bei der Analyse konzentriere ich mich darauf, was gut laufen kann. Risiken betrachte ich erst später und in der Investmentpräsentation erwähne ich sie höchstens auf der letzten Seite im Kleingedruckten. Als Beispiel ein M&A Manager, der mir seine todsichere Idee vorstellte. Die slowenische IT Gesellschaft machte EUR 5 Mio. operatives Ergebnis und war für EUR 25 Mio. zu haben - das Geld war in der Firmenkasse! Mein Besuch in Ljubljana nur eine Formalie ...

Die Firma erwirtschaftete ihren Umsatz in den ehemaligen russischen Republiken. Der Geschäftsführer trieb die Forderungen ein, in dem er tagelang mit dem Kunden Wodka trank. Wir hatten ihn für überflüssig gehalten. Die Kasse war so hoch, weil zum Jahresende keine Rechnungen mehr bezahlt und die Kreditlinien maximal ausgeschöpft waren. Das Management und die Belegschaft waren froh, ihre Anteile an uns zu verkaufen!

Der Investitionsprozess gleicht dem Kauf eines Gebrauchtwagens. Wenn etwas billig ist und gut sein soll, frage ich mich wo der Haken ist.  Zum Beispiel bei der indischen Bank IIfl Finance. Trotz 15 % jährlichen Wachstums und bestem Marktausblick kostet die Bank nur das 11-fache des Nettoergebnisses und das 1,5-fache des Buchwertes (= Eigenkapitals). Wettbewerber wie Kotak, HDFC oder Bajaj Finance notieren mit dem 2,5 - 5-fachen des Buchwertes. 

Auf Anhieb fallen mir folgende Risiken ein: Kann die Bank mit den Großen der Branche konkurrieren? Hat die Bank genügend Eigenkapital? Stellt die zunehmende Digitalisierung im Finanzbereich eine Gefahr dar? Wie finanziert sie sich, wenn IIFL als Non-Bank keine Kundeneinlagen zur Finanzierung nutzen darf? Wie übersteht die Bank die vielen Krisen in Indien (MWST Einführung, Abschaffung Papiergeldes, Covid, ??)? Braucht sie nicht weiteres Kapital zum Wachstum?

Mit 4.300 kleinen Filialen profitiert die Gesellschaft vom Wachstum in den B und C Lagen. Da viele Filialen noch nicht lange offen sind, rechnen wir mit Skaleneffekten. Die Eigenkapitalrate beträgt 25 % und ist damit viermal so hoch wie bei der Deutschen Bank. Die Eigenkapitalrendite beträgt 15 % und ermöglicht ohne zusätzliches Kapital ein Wachstum in gleicher Größenordnung.  Dem Management gehören 25 %; entsprechend vorsichtig wird das Geschäft ausgebaut. Die Nettozinsmarge beträgt 8 % und die Bank kann sich die Kreditnehmer noch aussuchen. Der private Kredit beträgt nur 30 % der indischen Wirtschaftsleistung, in anderen Entwicklungsländern macht er das Doppelte aus. Trotz aller Krisen betrug die Abschreibungsrate bei Krediten nie mehr als 1,8 % - der Durchschnitt der letzten 5 Jahre liebt bei 1,1 %. Bereits die Hälfte der Kredite wird ausschließlich digital vergeben. 

Kein Risiko?

Im März 24 untersagte die Bankenaufsicht RBI der IIFL weitere Kredite mit Gold als Sicherheit zu vergeben, immerhin ein Drittel des Geschäftes. Der Aktienkurs fiel um ein Drittel, der Gewinn war durch einen Wegfall von Skaleneffekten sicherlich noch höher belastet. Wir dachten sofort, dass die Bank nicht die nötigen Bestechungsgelder gezahlt hatte.

Viele Banken erlitten aber dank der Auflagen der Bankenaufsicht ähnliche Einbußen im Geschäft. Als 1,5 % Gesellschafter nahmen wir wie das Management an einer Kapitalerhöhung zur Stärkung des Geschäfts teil. Mittlerweile sind die Auflagen der Bankenaufsicht erfüllt und die Einschränkungen im Geschäft wurden aufgehoben. Das Beispiel zeigt, dass immer etwas schiefgehen kann. Um Krisen zu überstehen und langfristig zu überleben, ist ein ausreichender Risikopuffer nötig.

In der Wissenschaft versuche ich eine These zu widerlegen und so indirekt den Beweis der Gültigkeit (bis auf Weiteres) zu erbringen. Löcher in eine These zu schießen, ist einfacher, als den positiven Nachweis zu erbringen. Beim Investieren ist es leichter, offensichtliche Rohrkrepierer zu vermeiden. Als Nebeneffekt erhöhe ich die Chance auf Gewinner im Portfolio. Bei uns steht immer das langfristige Überleben im Vordergrund. 

Neue Investments und riskantere Werte gehen wir zunächst nur mit kleinen Summen ein und erhöhen erst nach und nach den Einsatz. Wir nehmen bei diesem "Averaging-In" in Kauf, dass die Aktie in der Zwischenzeit teurer wird. Dabei hat sich unser Investitionsrisiko dank der längeren Prüfphase verringert. Kleine Fehler bieten uns die Chance, kontinuierlich unseren Investitionsprozess zu verbessern. Uns reichen 15 % Wachstum im Jahr und wir vermeiden teuer erkaufte 30 %. Bis auf eine kleine Alphabetposition haben wir keine Wachstumswerte im Portfolio. Trotzdem schlossen wir in den letzten 19 Jahren besser ab als der S&P.



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