70 % der Anteile von Radisson wurden von einem
Wettbewerber aus Asien übernommen, der in den nächsten 6 Wochen ein
Übernahmeangebot zum aktuellen Kurs von 35 (oder darüber) für die restlichen
30 % unterbreiten musste. Wie viel ist die Aktie wert?
Wir nahmen mit einer 30%igen Wahrscheinlichkeit ein Gebot von 45 an; damit beträgt der faire Wert der Aktie
= 38. Bei diesem Arbitragegeschäft konnte man unter Abzug der
Transaktionskosten knapp 3 je Aktie verdienen (0,7 * 35 + 0,3*45 = 38). Das Risiko,
dass der Käufer das Geld nicht aufbringen konnte, sahen wir als gering an. Die
liquiden Mittel des Übernehmers waren höher als die erforderliche
Kaufsumme.
Mittlerweile gibt es ein
Übernahmeangebot für 40 und wir haben noch einmal nachgekauft, da der Kurs nur
bei 40,1 lag und wir die Wahrscheinlichkeit einer Nachbesserung auf 45 nach wie
vor bei 30 % sahen (ca. 41,5 als fairer Wert).
Auch der vermeintlich
risikofreie Kauf einer Münchner Immobilie bei der momentan gezahlten 30-50fachen
Nettokaltmiete in Innenstadtlagen ist eine Wette. Und zwar auf die zukünftige Wertsteigerung.
2-3 % Mietrendite gleichen kaum die Inflation aus. Übersehen wird dabei, dass
die Zinsen historisch auf niedrigstem Stand sind und damit die Wahrscheinlichkeit
fallender Preise mindestens genauso hoch ist wie der weitere Wertanstieg.
Unser Leben besteht aus Wetten: Jede Entscheidung ist in Wirklichkeit eine Wette auf die Zukunft - meistens mit
uns selbst. Und bei jeder Entscheidung wägen wir verschiedene Gefühle ab.
Wir stellen uns vor, welches Gefühl wir mit dem Eintreffen der erwarteten
Ergebnisse verbinden. Mit rationalen Argumenten kann unser Gehirn nicht viel
anfangen. Unsere Glaubenssätze und Gefühle bestimmen unser Verhalten. Ein richtiges
Infragestellen lässt sich mit einem gedanklichen Kurzschluss im Gehirn gleichsetzen, der sehr viel Energie kostet. Meistens handeln wir daher wie auf Autopilot.
Evolutionär ist das viel schneller und effizienter als Nachdenken. Auch
erfordert Nachdenken, dass man die Unsicherheit der Wirklichkeit akzeptiert.
Weder sind alle Möglichkeiten bekannt, noch kennt man die Wahrscheinlichkeiten
oder kann alle zukünftigen Ergebnisse vorhersagen.
Nur derjenige lernt dazu, der sich
bei jedem Ergebnis (wie z.B. beim Gewinn oder Verlust ein Jahr nach dem
Aktienkauf) fragt, wie sich der Entscheidungsprozess noch verbessern
lässt. Nur wer fragt, ob wirklich alle damals bekannten
Informationen vorurteilsfrei abgewogen worden sind, verbessert mit der Zeit
seine Entscheidungen und damit auch die Ergebnisse. Trotzdem wird man in
40 % der Fälle einfach Pech haben, trotz bester Vorbereitung. Auch dies zu
akzeptieren, ist Teil eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.
Damit sich die Qualität der
Entscheidungen erhöht, sollte man sich im Stillen immer fragen, ob man bereit ist,
darauf zu wetten. Das zwingt dazu, sich ernsthaft mit den Chancen und Risiken
auseinanderzusetzen. Das Leben ist in Wirklichkeit ein Pokerspiel. Nur das
wir uns in den seltensten Fällen dessen bewusst sind…
Wer mehr dazu lesen möchte, dem
seien die Bücher von Kahnemann, "Thinking fast and slow" und von
Annie Duke "Thinking in Bets" zur weiteren Lektüre empfohlen.
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