Montag, 13. Oktober 2025

Fallstudie: Explodierende Kaffeebecher

Projektgeschäft – Chancen und Herausforderungen

Im zweiten Jahr nach der Gründung übernahmen wir vier Unternehmen, die vor allem Aufträge in Einzelfertigung abwickelten. Damals steckte die deutsche Wirtschaft mitten in einer anhaltenden Krise. Besonders im Anlagenbau führten stagnierende Umsätze dazu, dass die Fixkosten vieler Betriebe nicht mehr gedeckt waren – die Verluste stiegen.

Das Projektgeschäft birgt hohe Risiken: Jeder Auftrag muss individuell geplant und kalkuliert werden. Ein kleiner Fehler kann sich teuer auswirken, vor allem wenn wir an feste Zusagen gegenüber Kunden gebunden waren. Die Produktion lässt sich in solchen Fällen kaum automatisieren – dafür kommt es umso mehr auf eine saubere Lagerführung, ein strukturiertes Bestellwesen und gut abgestimmte Abläufe in der Montage an.

Aber das Projektgeschäft hat auch seine Vorteile: Wenn wir die Verlustbringer einmal identifiziert und aus dem System entfernt haben, lassen sich neue Aufträge mit besserer Kalkulation abwickeln. Schon ein kleiner Anstieg im Auftragseingang kann ausreichen, um wieder deutlich profitabel zu werden. Und weil die Fertigung meist mit einfachen Mitteln auskommt, braucht es kaum neue Investitionen. Der vorhandene Maschinenpark lässt sich lange nutzen – was nach Material- und Personalkosten übrig bleibt, ist dank der niedrigen Abschreibungen Gewinn.

Rückblickend war der Einstieg in das Projektgeschäft für uns eine wertvolle Schule. Hohe Risiken, aber auch schnelles Lernpotenzial und große Hebel – wenn wir bereit sind, konsequent zu führen und auf Details zu achten.

Fallstudie: Explodierende Kaffeebecher

Manchmal beginnt eine Sanierung mit einem 5-Mio.-Euro-Scheck – und endet mit einem Kaffeebecher, der sich selbst erhitzt. Diese Fallstudie zeigt, wie technischer Mut, klare Führung und harte Verhandlungen ein fast gescheitertes Projektgeschäft doch noch zum Erfolg führen können.

Gut ein Jahr nach unserer Gründung übernahmen wir die Firma Hamba. Sie stellte Verpackungsmaschinen her, also zum Beispiel Maschinen, die Becher befüllen und verpacken. Die Firma erzielte rund 30 Mio. € Umsatz – bei knapp 10 Mio. € Verlust!

Wir zahlten den symbolischen Euro, doch damit nicht genug: Wir erhielten zusätzlich einen Scheck über 5 Mio. € – allerdings lautete der 5-Mio.-Euro-Scheck auf die Gesellschaft, nicht auf uns persönlich. Entspannt zurücklehnen konnten wir uns also noch lange nicht.

Der Verpackungsmaschinenhersteller hatte in seinem Expansionsdrang Aufträge angenommen, die zuvor niemand erfolgreich umsetzen konnte. Die Vorbesitzerin war erleichtert, diese Verpflichtungen endlich loszuwerden. Eines der ehrgeizigsten Projekte war eine Maschine, die Kaffeebecher herstellen und befüllen sollte, die sich auf Knopfdruck selbst erhitzen konnten!

Mut zur Veränderung: Von alten Maschinen zu neuer Technik

Um die Firma wieder auf die Beine zu bringen, haben wir einen neuen Geschäftsführer eingestellt. Er war Maschinenbauingenieur und hatte vorher bei einer Unternehmensberatung gearbeitet. Seine Aufgabe war es, mit den Kunden zu verhandeln und unrealistische Versprechen aus der Vergangenheit loszuwerden. Ein Vorteil war dabei, dass wir nun unabhängig von der alten Mutterfirma waren und die Bilanz – also alles, was die Firma besitzt und schuldet – nicht mehr so groß war. Dadurch waren wir flexibler in den Verhandlungen.

Nach den Verhandlungen hatten wir zwar weniger Umsatz, aber auch deutlich weniger Verluste. Am Ende haben wir es geschafft, bei plus/minus Null rauszukommen.

Allerdings gab es immer noch ein Problem: Die Maschinen waren technisch veraltet. So wurden alle Verpackungsvorgänge über eine große mechanische Welle gesteuert. Das machte sie anfällig für Fehler und die Montage war dadurch schwierig und aufwändig.

Deshalb suchten wir nach einer neuen Lösung. In der Entwicklungsabteilung fanden wir eine Zeichnung für eine moderne Maschine, die mit elektrischen Sensoren und Modulen arbeiten sollte – also viel moderner und flexibler. Die Techniker waren erst skeptisch, ob das überhaupt funktionieren würde. Trotzdem entschieden sich der neue Geschäftsführer und der technische Leiter, das Risiko einzugehen und die neue Technik auszuprobieren. Sie arbeiteten dafür auch mit externen Entwicklern zusammen.

Der erfolgreiche Turnaround

Nach gut zwei Jahren war es geschafft: Die neue Technologie funktionierte, und wir verkauften die erste Anlage an einen Joghurthersteller. Die Investition zahlte sich aus – schließlich veräußerten wir Hamba für rund 18 Mio. € an einen Wettbewerber. Das war unser erster großer Turnaround-Erfolg.

Nächste Woche schildern wir unseren ersten Ausflug in den Großanlagenbau und was dabei schieflief.


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