Plötzlich hatte ich im Gespräch das Gefühl, dass hier grundsätzlich
irgendetwas nicht stimmte. Der Gewinn des letzten Jahres und die gute Vorschau passten einfach nicht zu dem zunehmenden Kapitalbedarf. Auch schien der
Finanzchef die Fragen nicht beantworten zu können. Wir entschlossen uns
zu einer Kaffeepause und danach hatte ich meine Vorahnung vergessen ... Bei der Swisstex verloren wir in der Folge gut 4 Mio. Euro. Der
Bilanzgewinn von EUR 3 Mio. (immerhin von PwC geprüft) verwandelte sich im
nächsten Jahr in einen Verlust von EUR 20 Mio. und die Firma war pleite. Wir
sind schon einige Male betrogen worden. Meistens waren eine Trägheit im
Denken, gepaart mit einer gewissen Verliebtheit in den sonnigen Ausblick der Grund. Immer kritisch zu bleiben, ist anstrengend. Auch stört das den glatten Ablauf der Dinge. Und die Beantwortung der Frage, was könnte gerade hier schieflaufen, ist mit einiger Arbeit verbunden.
So waren wir meistens selbst mit daran schuld, wenn wir betrogen worden
sind. Häufig gibt es auch Helfer, die in ihrer Beflissenheit zumindest
fahrlässig zum Erfolg des Betruges beitragen. Dazu gehörte zum Beispiel ein
Wirtschaftsprüfer (ein Anderer der Big 4), der die erforderliche Rückstellung für Qualitätsmängel
einfach in der nicht operativ tätigen Holding buchte und sich mit einem Side letter an die
Geschäftsleitung von der Verantwortung freistellte, wie es uns bei der Übernahme
von Paulmann Crone passierte. Wir verloren in der Folge gut EUR 10 Mio., weil
wir die Richtigkeit der Bilanz der Verkäuferin (als Käufer, das muss man erstmal
hinkriegen) garantierten...
Sehr schön lässt sich das in dem Buch "Bad Blood:
Secrets and Lies in Silicon Valley"von John Carreyrou nachverfolgen,
das sich in weiten Teilen wie ein Thriller liest. Jeder verlässt sich bei der
Prüfung auf den Anderen und viele ließen sich durch Testimonials (zum Beispiel honoriger, aber nicht sachkundiger Politiker) blenden. Geschickt wurde ein Netz
der Täuschung aufgebaut und Kritiker wurden mit Vertraulichkeitserklärungen und Klagedrohungen kalt gestellt. An den Erfolg wollten alle glauben. Wichtigste Helfer waren sicherlich die Gier und die
Angst, nichts vom Kuchen abzubekommen und andere reich werden zu sehen. Es
lohnt sich, das Erkennen von Lügen und Hochstaplern zu trainieren. "If it is too
good to be true, it usually isn't!" Sehr empfehlenswert dazu "Spy the Lie" von Philip Houston und Michael Floyd.
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