Mein Vater ließ sich nur schwer davon
überzeugen, dass Wirecard als Aktie in die Kategorie "zu gut um wahr zu
sein" fiel. Wie so viele Anleger wollte er den rasanten Kursanstieg nicht
weiter verpassen und nahm die positiven Analystenkommentare als Beleg für die
Güte der Aktie. Dank des rasanten Kursanstieges - gestützt von vielen Kleinanlegern
- schaffte es die Firma sogar in den DAX und ersetzte damit die Commerzbank.
Wirecard belegte alle, die Kritik an der
Rechnungspraxis äußerten, mit dem "Fake-News"Vorwurf und verklagte
prompt die Financial Times. Die Reaktion des Angegriffenen ist verständlicher
als die Reaktion der Finanzaufsicht. Sie warf den Leerverkäufern und der
Financial Times Marktmanipulation vor. Als ob Analysten, die eine Aktie positiv
bewerben, weil ihre Firmen mit Aktiengeschäften Geld verdienen, je etwas
anderes tun. Da meistens nur Kleinanleger geschädigt werden, zählt dies
offensichtlich nicht. Die BAFIN ging sogar so weit, dass sie Leerverkäufe auf
Wirecard zeitweise verbot. Sie befindet sich damit in guter Gesellschaft
mit kommunistischen Behörden in China, die ebenfalls Leerverkäufe verbieten und
steigende Kurse verordnen.
Wie sind nun die Vorwürfe gegen Wirecard
zu beurteilen? Es gibt ein paar Indizien, dass etwas daran sein könnte. Trotz
der hohen ausgewiesenen Gewinne und des Geschäftszwecks (Zahlungsabwicklung)
weist Wirecard überraschend wenig Liquidität in der Bilanz auf. Es fällt weiter
auf, dass Wirecard in der eigenen Kommunikation viele Wettbewerber nennt, die
wiederum Wirecard überhaupt nicht als Wettbewerber aufführen (wie eine
Recherche bei Capital IQ zeigt). Auch erinnert die Ankündigungspolitik
des Geschäftsführers stark an Neue Markt Unternehmen, die immer wieder von neu
gewonnenen Kunden und geplanten künftigen Gewinnzuwächsen berichten. Den
Ermittlungen auf Unregelmäßigkeiten in Singapore folgten keine Wechsel im
Top-Management, was auf eine Mitwisserschaft hindeuten könnte. Ein Weg, wie die
hohen ausgewiesenen Gewinne erzeugt worden sein könnten, zeigt die Financial
Times vom 16.10.19. auf. Ein anderer wurde in einem Shortseller-Bericht
genannt. Viele Zukäufe erfolgten über Zwischengesellschaften, die viel höhere
Kaufpreise nannten als die tatsächlich gezahlten. Damit konnte Liquidität
generiert werden, die wiederum an anderer Stelle als Gewinn recycelt wurde.
Die französische Finanzaufsicht reagierte
übrigens ähnlich wie die deutschen Behörden, als der französische Eigentümer der Casinomärkte der Finanzmanipulation beschuldigt wurde. Sie nahm prompt
die Ermittlungen gegen den Leerverkäufer auf, statt die Vorwürfe zum Schutz der
Anleger im Detail zu prüfen.
Wenn die Verdachtsmomente so groß sind, dann kann ich die Reaktion der BaFin schon irgendwie verstehen:
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Die Argumentation, dass Wirecard überraschend wenig Liquidität aufweist für einen "Zahlungsabwickler" verstehe ich nicht.
In der Bilanz hat Wirecard 3,56€ Mrd. "Total Cash" stehen. Das sind 50% der "Total Assets". Im Vergleich dazu hat Mastercard 23% und Visa nur 11%.