Mittwoch, 16. Oktober 2019

Leerverkäufer (Short Seller) schützen Anleger wie das Beispiel Wirecard zeigt...

Mein Vater ließ sich nur schwer davon überzeugen, dass Wirecard als Aktie in die Kategorie "zu gut um wahr zu sein" fiel. Wie so viele Anleger wollte er den rasanten Kursanstieg nicht weiter verpassen und nahm die positiven Analystenkommentare als Beleg für die Güte der Aktie. Dank des rasanten Kursanstieges - gestützt von vielen Kleinanlegern - schaffte es die Firma sogar in den DAX und ersetzte damit die Commerzbank.

Wirecard belegte alle, die Kritik an der Rechnungspraxis äußerten, mit dem "Fake-News"Vorwurf und verklagte prompt die Financial Times. Die Reaktion des Angegriffenen ist verständlicher als die Reaktion der Finanzaufsicht. Sie warf den Leerverkäufern und der Financial Times Marktmanipulation vor. Als ob Analysten, die eine Aktie positiv bewerben, weil ihre Firmen mit Aktiengeschäften Geld verdienen, je etwas anderes tun. Da meistens nur Kleinanleger geschädigt werden, zählt dies offensichtlich nicht. Die BAFIN ging sogar so weit, dass sie Leerverkäufe auf Wirecard zeitweise verbot.  Sie befindet sich damit in guter Gesellschaft mit kommunistischen Behörden in China, die ebenfalls Leerverkäufe verbieten und steigende Kurse verordnen.

Wie sind nun die Vorwürfe gegen Wirecard zu beurteilen? Es gibt ein paar Indizien, dass etwas daran sein könnte. Trotz der hohen ausgewiesenen Gewinne und des Geschäftszwecks (Zahlungsabwicklung) weist Wirecard überraschend wenig Liquidität in der Bilanz auf. Es fällt weiter auf, dass Wirecard in der eigenen Kommunikation viele Wettbewerber nennt, die wiederum Wirecard überhaupt nicht als Wettbewerber aufführen (wie eine Recherche bei Capital IQ zeigt).  Auch erinnert die Ankündigungspolitik des Geschäftsführers stark an Neue Markt Unternehmen, die immer wieder von neu gewonnenen Kunden und geplanten künftigen Gewinnzuwächsen berichten. Den  Ermittlungen auf Unregelmäßigkeiten in Singapore folgten keine Wechsel im Top-Management, was auf eine Mitwisserschaft hindeuten könnte. Ein Weg, wie die hohen ausgewiesenen Gewinne erzeugt worden sein könnten, zeigt die Financial Times vom 16.10.19. auf. Ein anderer wurde in einem Shortseller-Bericht genannt. Viele Zukäufe erfolgten über Zwischengesellschaften, die viel höhere Kaufpreise nannten als die tatsächlich gezahlten. Damit konnte Liquidität generiert werden, die wiederum an anderer Stelle als Gewinn recycelt wurde.

Die französische Finanzaufsicht reagierte übrigens ähnlich wie die deutschen Behörden, als der französische Eigentümer der Casinomärkte der Finanzmanipulation beschuldigt wurde. Sie nahm prompt die Ermittlungen gegen den Leerverkäufer auf, statt die Vorwürfe zum Schutz der Anleger im Detail zu prüfen.   


1 Kommentar:

  1. Wenn die Verdachtsmomente so groß sind, dann kann ich die Reaktion der BaFin schon irgendwie verstehen:
    http://theshortleaks.com/#firstPage

    Die Argumentation, dass Wirecard überraschend wenig Liquidität aufweist für einen "Zahlungsabwickler" verstehe ich nicht.
    In der Bilanz hat Wirecard 3,56€ Mrd. "Total Cash" stehen. Das sind 50% der "Total Assets". Im Vergleich dazu hat Mastercard 23% und Visa nur 11%.

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