Manche
Investitionen erfordern von uns viel Geduld. Die folgende Geschichte über Hering
Wärmetauscher zeigt, wie viel Ausdauer, Improvisation und Führungskraft
nötig sind, um ein kleines Industrieunternehmen aus der Verlustzone zu holen.
Ein ungewöhnlicher 1-Euro-Deal
Im Sommer
2003 bekamen wir zum ersten Mal Besuch in unserem Büro. Eine selbstbewusste
Dame machte uns ein ungewöhnliches Angebot: Wir sollten ihre Firma in
Gunzenhausen für einen symbolischen Euro übernehmen. Außerdem wollte sie uns
noch 200.000 Euro in der Firmenkasse lassen. Die einzige Bedingung war,
dass das Unternehmen mindestens ein Jahr weiter existiert.
Warum das Ganze? Die
Frau wollte sicherstellen, dass ein ungenutztes Grundstück, das sie an einen
Supermarkt verkaufen wollte, rechtlich sauber aus der Firma herausgelöst werden
konnte. Falls die Firma pleitegehen würde, hätte der Insolvenzverwalter sonst
versucht, das Grundstück zurückzufordern. Zum Glück reichte ihr unser
Ehrenwort, dass wir die Firma ein Jahr lang weiterführen.
Ein alter Studienkollege als Retter in der Not
Die Hering
Wärmetauscher AG erwirtschaftete damals nur rund 7 Millionen Euro Umsatz,
verlor dabei jedoch jedes Jahr etwa 1 Million Euro – kein leichter Startpunkt
für uns. Wir setzten einen alten Kollegen aus dem BWL-Studium als Geschäftsführer
ein. Er kannte sich zwar nicht mit Wärmetauschern aus, aber die Mitarbeiter
vertrauten ihm. Trotzdem war die Lage so schlecht, dass wir den Angestellten
zeitweise fast zwei Monatsgehälter schuldeten. Wie haben wir es trotzdem
geschafft?
Mein Studienfreund schaffte es, die Produktion von ungefähr 80 Wärmetauschern
im Jahr besser zu organisieren, sodass die monatliche Ausbringung konstanter
wurde. Das half dabei, das Umlaufvermögen zu glätten und Spitzen im
Kapitalbedarf zu verringern. Außerdem verhandelte er bessere Verträge und
vermietete einen Teil der Produktionshalle weiter, was zusätzlich Geld
einbrachte. Wir veräußerten das Werkgelände per Sale-and-Lease-back und
nutzten die freigesetzte Liquidität, um die Löhne pünktlich auszuzahlen.
Das Problem der Einzelanfertigung
Ein weiteres
Problem war, dass jeder Wärmetauscher individuell nach Kundenwunsch gefertigt
wurde. Diese Sonderanfertigungen machten alles sehr teuer, und die Firma kam
nie wirklich in die Gewinnzone. Erst viele Jahre später, nach mehreren Wechseln
in der Geschäftsführung, fanden wir mit Christian Rasch den richtigen
Geschäftsführer für die Hering AG. Dank strafferen Managements und der
Konzentration auf den Einsatz von Wärmetauschern im Großkraftwerksbau
gelang es ihm nach und nach, die operative Gewinnmarge (EBIT) auf
stattliche 15 % zu steigern!
Wachstum am Limit
Leider
stagnierte der Umsatz in der Zwischenzeit nahezu vollständig. Ein begrenzender
Faktor war der Kran in der Produktionshalle, der keine höheren Traglasten
bewältigen konnte. Der geplante Neubau einer zusätzlichen Halle scheiterte
ebenfalls – es fehlte schlicht an ausreichend qualifizierten Schweißern. Zwar
erhielten wir zahlreiche Anfragen für größere Wärmetauscher, aber unsere
Kapazitäten reichten einfach nicht aus, um diese Aufträge umzusetzen.
Warum der Turnaround bei Hering Wärmetauscher stockte
- Einzelfertigung großer
Wärmetauscher: Kaum
Skaleneffekte, hohe Stückkosten.
- Kleine Serien: Preisdruck durch die
Einkaufsmacht der Kunden.
- Häufig wechselnde
Spezifikationen: Hoher
Rüstaufwand, der die Marge drückte.
- Fehlende qualifizierte
Zulieferer:
Weitere Kostennachteile.
- Hallen- und Kranlimit (Traglast
max. 10 t):
Auftragsgröße gedeckelt, Wachstum blockiert.
Der Erfolg liegt oft im Fokus und in der Kunst, 'Nein' zu sagen. Gerade bei begrenzten Ressourcen ist das essenziell, um Ziele zu erreichen. Ein gutes Beispiel dafür ist unser Hauptkonkurrent: Anstatt sich auf große Wärmetauscher zu konzentrieren, wie wir es taten (wir verkauften die Hering letztes Jahr), setzte er auf die Produktion von Kleinserien – und das an einem kostengünstigeren Standort. So konnte er mit einem anderen Ansatz erfolgreich sein.
In einer Woche beschreibe ich, wie wir mit unserer dritten Übernahme hinters Licht geführt worden sind.
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