Sonntag, 14. September 2025

Fallstudie: Geld wechseln mit Wärmetauschern?

Manche Investitionen erfordern von uns viel Geduld. Die folgende Geschichte über Hering Wärmetauscher zeigt, wie viel Ausdauer, Improvisation und Führungskraft nötig sind, um ein kleines Industrieunternehmen aus der Verlustzone zu holen.

Ein ungewöhnlicher 1-Euro-Deal

Im Sommer 2003 bekamen wir zum ersten Mal Besuch in unserem Büro. Eine selbstbewusste Dame machte uns ein ungewöhnliches Angebot: Wir sollten ihre Firma in Gunzenhausen für einen symbolischen Euro übernehmen. Außerdem wollte sie uns noch 200.000 Euro in der Firmenkasse lassen. Die einzige Bedingung war, dass das Unternehmen mindestens ein Jahr weiter existiert. 

Warum das Ganze? Die Frau wollte sicherstellen, dass ein ungenutztes Grundstück, das sie an einen Supermarkt verkaufen wollte, rechtlich sauber aus der Firma herausgelöst werden konnte. Falls die Firma pleitegehen würde, hätte der Insolvenzverwalter sonst versucht, das Grundstück zurückzufordern. Zum Glück reichte ihr unser Ehrenwort, dass wir die Firma ein Jahr lang weiterführen.

Ein alter Studienkollege als Retter in der Not

Die Hering Wärmetauscher AG erwirtschaftete damals nur rund 7 Millionen Euro Umsatz, verlor dabei jedoch jedes Jahr etwa 1 Million Euro – kein leichter Startpunkt für uns. Wir setzten einen alten Kollegen aus dem BWL-Studium als Geschäftsführer ein. Er kannte sich zwar nicht mit Wärmetauschern aus, aber die Mitarbeiter vertrauten ihm. Trotzdem war die Lage so schlecht, dass wir den Angestellten zeitweise fast zwei Monatsgehälter schuldeten. Wie haben wir es trotzdem geschafft? 

Mein Studienfreund schaffte es, die Produktion von ungefähr 80 Wärmetauschern im Jahr besser zu organisieren, sodass die monatliche Ausbringung konstanter wurde. Das half dabei, das Umlaufvermögen zu glätten und Spitzen im Kapitalbedarf zu verringern. Außerdem verhandelte er bessere Verträge und vermietete einen Teil der Produktionshalle weiter, was zusätzlich Geld einbrachte. Wir veräußerten das Werkgelände per Sale-and-Lease-back und nutzten die freigesetzte Liquidität, um die Löhne pünktlich auszuzahlen.

Das Problem der Einzelanfertigung

Ein weiteres Problem war, dass jeder Wärmetauscher individuell nach Kundenwunsch gefertigt wurde. Diese Sonderanfertigungen machten alles sehr teuer, und die Firma kam nie wirklich in die Gewinnzone. Erst viele Jahre später, nach mehreren Wechseln in der Geschäftsführung, fanden wir mit Christian Rasch den richtigen Geschäftsführer für die Hering AG. Dank strafferen Managements und der Konzentration auf den Einsatz von Wärmetauschern im Großkraftwerksbau gelang es ihm nach und nach, die operative Gewinnmarge (EBIT) auf stattliche 15 % zu steigern!

Wachstum am Limit

Leider stagnierte der Umsatz in der Zwischenzeit nahezu vollständig. Ein begrenzender Faktor war der Kran in der Produktionshalle, der keine höheren Traglasten bewältigen konnte. Der geplante Neubau einer zusätzlichen Halle scheiterte ebenfalls – es fehlte schlicht an ausreichend qualifizierten Schweißern. Zwar erhielten wir zahlreiche Anfragen für größere Wärmetauscher, aber unsere Kapazitäten reichten einfach nicht aus, um diese Aufträge umzusetzen.

Warum der Turnaround bei Hering Wärmetauscher stockte
  • Einzelfertigung großer Wärmetauscher: Kaum Skaleneffekte, hohe Stückkosten.
  • Kleine Serien: Preisdruck durch die Einkaufsmacht der Kunden.
  • Häufig wechselnde Spezifikationen: Hoher Rüstaufwand, der die Marge drückte.
  • Fehlende qualifizierte Zulieferer: Weitere Kostennachteile.
  • Hallen- und Kranlimit (Traglast max. 10 t): Auftragsgröße gedeckelt, Wachstum blockiert.

Der Erfolg liegt oft im Fokus und in der Kunst, 'Nein' zu sagen. Gerade bei begrenzten Ressourcen ist das essenziell, um Ziele zu erreichen. Ein gutes Beispiel dafür ist unser Hauptkonkurrent: Anstatt sich auf große Wärmetauscher zu konzentrieren, wie wir es taten (wir verkauften die Hering letztes Jahr), setzte er auf die Produktion von Kleinserien – und das an einem kostengünstigeren Standort. So konnte er mit einem anderen Ansatz erfolgreich sein. 

In einer Woche beschreibe ich, wie wir mit unserer dritten Übernahme hinters Licht geführt worden sind.

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