Montag, 27. Oktober 2025

Fallstudie: Küchen im Direktvertrieb

Lebt ein Geschäftsmodell von vielen kleinen Aufträgen, ist ein funktionierender Vertrieb entscheidend. Diese Fallstudie zeigt, wie der Direktvertrieb über eigene Läden zur Belastung wurde – und warum hohe Fixkosten kaum Spielraum für Fehler lassen.

Schwindende Margen in einem harten Markt

Im September 2004 haben wir die Firma Alma Küchen übernommen. Sie hat Küchen nicht nur selbst hergestellt, sondern auch direkt in ihren eigenen Läden verkauft. Die große Nachfrage nach neuen Küchen, die es nach der Wiedervereinigung gab, war aber längst vorbei, und immer weniger Leute kauften Küchen. Weil Ikea immer mehr zum Konkurrenten wurde und die Preise im Markt sanken, wurde es für uns immer schwieriger, mit unseren Küchen genug zu verdienen.

Wenn wir eine Küche nicht sofort beim Kunden einbauen konnten – zum Beispiel, weil eine Schraube fehlte oder ein Schrankteil die falsche Größe hatte – mussten unsere Monteure noch einmal extra hinfahren. Weil die zusätzlichen Anfahrten und Montagestunden nicht berechnet werden konnten, fraßen sie unsere komplette Marge auf – jede betroffene Küche rutschte am Ende ins Minus.

Hohe Fixkosten und kein Ausweg

Wir haben mehrmals die Geschäftsführung ausgetauscht und verschiedene Strategien ausprobiert: Mal wollten wir teurere, mal günstigere Küchen anbieten – aber es half alles nichts. Das Geschäft brachte einfach nicht genug Gewinn ein, um alle festen Kosten wie Miete, Löhne und die Produktion zu decken. Unsere eigenen 13 Küchenstudios verkauften zu wenig, damit sich das Ganze lohnte.

Außerdem konnten wir mit den günstigen Ikea-Küchen, die in Osteuropa produziert wurden, preislich nicht mithalten. Die Kunden wollten zwar Qualität, aber für das „Made in Germany“-Label wollten sie einfach keinen Aufpreis zahlen.

Der Skandal um den Geschäftsführer

Dann bekamen wir plötzlich einen merkwürdigen Brief von einem Mitarbeiter: Es war ein Zeitungsartikel über einen Geschäftsführer, der zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, weil er Geld entnommen hatte. Der Name stand nicht dabei. Wir waren verwundert und riefen sofort unsere Buchhalterin an. Sie meinte, es sei nichts Besonderes passiert – nur ein Darlehen über 200.000 Euro sei an den Geschäftsführer ausgezahlt worden. Das hätten wir sogar selbst genehmigt, denn wir hatten das Fax dafür unterzeichnet.

Wir riefen daraufhin direkt den Geschäftsführer an und stellten ihn zur Rede. Er versprach, das Geld so bald wie möglich zurückzuzahlen. Unser Anwalt riet, einen Rückzahlungsplan zu machen. Wir aber haben ihn stattdessen angezeigt. Es stellte sich heraus, dass der Geschäftsführer schon einmal wegen so einer Sache verurteilt worden war. Er musste schließlich für vier Jahre ins Gefängnis. Das Geld bekamen wir nie wieder.

Endstation Insolvenz

Auch der neue Geschäftsführer konnte das Unternehmen nicht mehr retten. Die Umsätze gingen weiter zurück und auch mit Sparmaßnahmen kamen wir nie richtig aus den roten Zahlen heraus. Am Ende blieb uns nichts anderes übrig, als Insolvenz anzumelden.

Warum die Sanierung bei Alma Küchen scheiterte

  • Direktvertrieb über großflächige Studios: Hohe Fixkosten (Miete + Personal) fraßen den Rohertrag.
  • Eigenproduktion erhöhte die Managementkomplexität: Ohne spürbaren Kostenvorteil.
  • "Made in Germany" brachte keinen Preisaufschlag: Kunden zahlten keinen Aufpreis für die Qualität.
  • Preisdruck durch IKEA und Onlinehändler: Margen schrumpften stetig.

Lektion: Ein klarer Preispunkt ist unverzichtbar, um die Fixkosten eines Studionetzes zu decken – ohne ihn bleibt selbst ein gut geführter Küchenhändler nicht wettbewerbsfähig.

Nächste Woche beschreiben wir, ob sich ein IT-Dienstleister einen 24 Stunden/7 Tage Dienst mit Betriebsrat leisten kann.

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