Lebt ein Geschäftsmodell von vielen kleinen Aufträgen, ist ein funktionierender Vertrieb entscheidend. Diese Fallstudie zeigt, wie der Direktvertrieb über eigene Läden zur Belastung wurde – und warum hohe Fixkosten kaum Spielraum für Fehler lassen.
Schwindende Margen in einem harten Markt
Im September
2004 haben wir die Firma Alma Küchen übernommen. Sie hat Küchen nicht
nur selbst hergestellt, sondern auch direkt in ihren eigenen Läden verkauft.
Die große Nachfrage nach neuen Küchen, die es nach der Wiedervereinigung gab,
war aber längst vorbei, und immer weniger Leute kauften Küchen. Weil Ikea immer
mehr zum Konkurrenten wurde und die Preise im Markt sanken, wurde es für uns
immer schwieriger, mit unseren Küchen genug zu verdienen.
Wenn wir
eine Küche nicht sofort beim Kunden einbauen konnten – zum Beispiel, weil eine
Schraube fehlte oder ein Schrankteil die falsche Größe hatte – mussten unsere
Monteure noch einmal extra hinfahren. Weil die zusätzlichen Anfahrten und
Montagestunden nicht berechnet werden konnten, fraßen sie unsere komplette
Marge auf – jede betroffene Küche rutschte am Ende ins Minus.
Hohe Fixkosten und kein Ausweg
Wir haben
mehrmals die Geschäftsführung ausgetauscht und verschiedene Strategien
ausprobiert: Mal wollten wir teurere, mal günstigere Küchen anbieten – aber es
half alles nichts. Das Geschäft brachte einfach nicht genug Gewinn ein, um alle
festen Kosten wie Miete, Löhne und die Produktion zu decken. Unsere eigenen 13
Küchenstudios verkauften zu wenig, damit sich das Ganze lohnte.
Außerdem
konnten wir mit den günstigen Ikea-Küchen, die in Osteuropa produziert wurden,
preislich nicht mithalten. Die Kunden wollten zwar Qualität, aber für das „Made
in Germany“-Label wollten sie einfach keinen Aufpreis zahlen.
Der Skandal um den Geschäftsführer
Dann bekamen
wir plötzlich einen merkwürdigen Brief von einem Mitarbeiter: Es war ein
Zeitungsartikel über einen Geschäftsführer, der zu einer Bewährungsstrafe
verurteilt worden war, weil er Geld entnommen hatte. Der Name stand nicht
dabei. Wir waren verwundert und riefen sofort unsere Buchhalterin an. Sie
meinte, es sei nichts Besonderes passiert – nur ein Darlehen über 200.000
Euro sei an den Geschäftsführer ausgezahlt worden. Das hätten wir sogar
selbst genehmigt, denn wir hatten das Fax dafür unterzeichnet.
Wir riefen
daraufhin direkt den Geschäftsführer an und stellten ihn zur Rede. Er
versprach, das Geld so bald wie möglich zurückzuzahlen. Unser Anwalt riet,
einen Rückzahlungsplan zu machen. Wir aber haben ihn stattdessen angezeigt. Es
stellte sich heraus, dass der Geschäftsführer schon einmal wegen so einer Sache
verurteilt worden war. Er musste schließlich für vier Jahre ins Gefängnis. Das
Geld bekamen wir nie wieder.
Endstation Insolvenz
Auch der
neue Geschäftsführer konnte das Unternehmen nicht mehr retten. Die Umsätze
gingen weiter zurück und auch mit Sparmaßnahmen kamen wir nie richtig aus den
roten Zahlen heraus. Am Ende blieb uns nichts anderes übrig, als Insolvenz
anzumelden.
Warum die Sanierung bei Alma Küchen scheiterte
- Direktvertrieb über
großflächige Studios: Hohe Fixkosten (Miete + Personal) fraßen den
Rohertrag.
- Eigenproduktion erhöhte die
Managementkomplexität: Ohne spürbaren Kostenvorteil.
- "Made in Germany"
brachte keinen Preisaufschlag: Kunden zahlten keinen Aufpreis für die
Qualität.
- Preisdruck durch IKEA und
Onlinehändler:
Margen schrumpften stetig.
Lektion: Ein klarer Preispunkt ist
unverzichtbar, um die Fixkosten eines Studionetzes zu decken – ohne ihn bleibt
selbst ein gut geführter Küchenhändler nicht wettbewerbsfähig.
Nächste
Woche beschreiben wir, ob sich ein IT-Dienstleister einen 24 Stunden/7 Tage Dienst
mit Betriebsrat leisten kann.
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